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Historisches Foto aus dem Vereinslazarett Frohnau. Vorne links ist Dr. Max Berg neben Katharina von Donnersmarck zu sehen.

Dr. Max Berg – Chefarzt des Vereinslazaretts Frohnau

Zum Internationalen Tag der Archive hat Stiftungsarchivar Dominik Erdmann wieder eine Geschichte aus unserem historischen Gedächtnis hervorgeholt. Es ist die Geschichte von Dr. Max Berg, dem Leibarzt von Guido von Donnersmarck. Sie zeigt, wie langlebig die strukturellen Probleme in der Pflege und Unterstützung von Menschen mit Behinderung sind.

Moderne Fundstücke aus der Vergangenheit zum Internationalen Tag der Archive

Im Archiv der Fürst Donnersmarck-Stiftung (FDST) finden sich zahlreiche Dokumente, die über die Geschichte der Behinderung Auskunft geben. Sie erzählen, wie sich das Leben von Menschen mit Behinderung, ihr Selbstverständnis und ihre Exklusion aus der oder ihre Teilhabe an der Mehrheitsgesellschaft im 20. und 21. Jahrhundert gestaltet und verändert hat. Ein Thema, das dabei immer wiederkehrt, ist die Pflege von Menschen mit Behinderung. Dieses Thema ist so alt wie die Stiftung, aber auch die mit ihr verbundenen Vorgängerinstitutionen wie das das 1914 gegründete Vereinslazarett Frohnau, auf dessen Erfahrung die Gründung der FDST im Jahr 1916 zurückging. Schon damals gab es – nicht nur wegen der zahllosen Verletzten des Ersten Weltkrieges – einen Pflegenotstand. Über seine konkreten Auswirkungen und erste Versuche einer Pflegereform lässt sich auch im Archiv der FDST lernen. Dabei steht vor allem eine Person und ihre Tätigkeit im Zentrum: Dr. Max Berg, der ehemalige Chefarzt des Vereinslazaretts Frohnau, und Leibarzt des damaligen Fürsten von Donnersmarck.

Berg wurde 1877 im Rheinland geboren, wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte. Sein Vater war Bauunternehmer. Über die Mutter ist derzeit nichts bekannt. Ab 1897 studierte er in Göttingen Medizin und schloss 1903 mit einer Dissertation „Zur transcorticalen Aphasie“ ab.

Ab 1907 wirkte er als Leibarzt der Familie von Donnersmarck im schlesischen Neudeck. Als Guido Graf Heckel Fürst von Donnersmarck beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges das Vereinslazarett in Berlin-Frohnau gründete, übertrug er Berg die medizinische Leitung. Fortan war er als Chefarzt des Vereinslazaretts und der etwas später angegliederten Kriegslazarette St. Dominikus- und St. Georg-Stift tätig. Hier sammelte Berg umfassende Erfahrung bei der Koordination und Leitung von Pflegekräften.

Dr. Max Berg

Zur Regelung der Schwesternarbeit

Kurze Zeit nach dem Antritt der neuen Stelle veröffentlichte er in der „Zeitschrift für ärztliche Fortbildung“ mehrere Artikel zur Situation in der Pflege und gab darin konkrete Verbesserungsvorschläge für die Organisation in den Lazaretten. Offensichtlich lag es ihm am Herzen, die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte, damals fast ausschließlich Frauen, zu verbessern. Neben seiner Chefarzttätigkeit unterrichtete er daher auch an der 1904 gegründeten, ersten städtischen Krankenpflegeschule im Krankenhaus von Berlin-Moabit und verbreitete seine Vorschläge in öffentlichen Vorträgen. Berg kritisierte vor allem an den geringen Lohn und der miserablen Altersversorgung des Pflegepersonals, der damals vor allem mit dem caritativen Charakter der Pflege begründet wurde. Daneben klagte Berg die extreme Arbeitsbelastung und die geringe soziale Stellung der Pflegerinnen an. Auch diese Punkte haben an Aktualität wenig eingebüßt.

Berg beließ es aber nicht bei der rein theoretischen Auseinandersetzung mit dem Thema, sondern setzte seine Vorschläge in den Kriegslazaretten unter seiner Verantwortung auch aktiv um. So führte er beispielsweise einen Acht-Stunden-Tag für alle Pflegekräfte, einen Drei-Schicht-Betrieb und geregelte Urlaubszeiten in seinen Lazaretten ein. Das war damals eine absolute Seltenheit, die jedoch keine Schule machte – obwohl Berg seine Erfahrungen 1918 in einem Buch mit dem Titel „Allgemeinen Grundlagen der Krankenpflege“ publizierte.

Bergs Pflegereformvorschläge wurden von der damaligen Ärzteschaft nicht aufgegriffen und gerieten in Vergessenheit. Offenbar waren seine Ideen ihrer Zeit voraus. Denn seine Themen sind in großen Teilen bis heute Gegenstand der Debatten der ‚Pflegekriese‘.

Ein vergessener Reformer

Darüber, wie es Dr. Max Berg weiter erging, sind wir kaum informiert. Mit dem Tod des Fürsten Donnersmarck am 19. Dezember 1916 verlor er einen wichtigen Förderer. Zwar wurde Berg eines der ersten Kuratoriumsmitglieder der Stiftung und wirkte so an der Frühgeschichte der Organisation mit. Doch nachdem das Vereinslazarett Frohnau am 1. März 1919 geschlossen wurde, verlieren wir ihn aus den Augen. Irgendwann zu Beginn der 1920er Jahre ging Berg nach England, wo sein Name in der Mitgliederliste der Royal Society of Medicine auftaucht und wo er 1927 verstarb. Was genau er in England machte, ist noch nicht bekannt. Die Akten im Archiv der FDST gehören zu den wenigen Zeugnissen, die von seinen Ideen zur Reform der Pflege sowie aus seinem Leben überliefert sind.