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Ein historisches Gruppenfoto aus dem Versehrten-Lazarett.

Katharina von Donnersmarck und das Vereinslazarett Frohnau

Während Zeugnisse des Stiftungsgründers, Guido Graf Henckel Fürst von Donnersmarck, im Archiv der Stiftung omnipräsent sind, finden sich zu seiner zweiten Ehefrau, Katharina von Donnersmarck, kaum Dokumente in den grauen Archivkartons. So entsteht leicht der Eindruck, als habe sie an der Stiftungsgründung gar keinen Anteil genommen. Vor einigen Jahren erhielt die Fürst Donnersmarck-Stiftung aber von der Frohnauer Lokalhistorikerin Christiane Knop einen Brief, aus dem hervorgeht, dass sich Katharina von Donnersmarck sehr engagiert in das Vereinslazarett Frohnau eingebracht hat. Aus dem Vereinslazarett ging schließlich die spätere Stiftung hervor. Das Dokument ist für uns Anlass, uns etwas ausführlicher mit der Gründerfürstin zu beschäftigen und das wenige zusammenzutragen, das über sie bekannt ist.

Russland, Preußen und Paris

Über Kindheit und Jugend von Katharina von Donnersmarck, geborene Slepzow, ist nicht viel bekannt. Geboren wurde sie 1862 in St. Petersburg als Tochter des russischen Staatsrats Wassili Alexandrowitsch Slepzow. Katharina, oder Rina, wie sie sich auch nannte, war die zweite Ehefrau Guido von Donnersmarcks. 1871 war er eine skandalträchtige Ehe mit der ebenfalls russischstämmigen, in Paris lebenden Kurtisane Blanche La Païva Lachmann eingegangen. Blanche starb 1884, ohne dass aus der Ehe Nachfahren hervorgegangen sind.

Die Hochzeit Katharinas mit dem gut dreißig Jahre älteren Guido von Donnersmarck fand am 11. Mai 1887 in Wiesbaden statt. Auch über ihr Leben nach der Hochzeit gibt es nur wenige Informationen. Bekannt ist, dass das Ehepaar abwechselnd in ihrem Berliner Stadthaus – dem Palais Blücher – am Pariser Platz und auf Schloss Neudeck in Oberschlesien lebte. In dessen Umgebung lagen die Zink-, Eisen- und Kohlegruben sowie die Hüttenwerke, die den Reichtum Guido von Donnersmarcks begründeten.

1888 wurde Guidotto, Katharinas erster Sohn, geboren. Otto von Bismarck, mit dem Henckel von Donnersmarck entfernt verwandt war, wurde Taufpate. 1890 erblickte dann Kraft, der zweite Sohn, das Licht der Welt. Ansonsten finden sich im Archiv der Stiftung hauptsächlich Fotos, die Katharina mit dem Fürsten von Donnersmarck oder ihren Söhnen zeigen: Beim Ausritt, beim Tee im Garten, beim Lesen in einem der Salons des Schlosses. Inszenierte Bilder einer eher zurückhaltenden Frau, die auch schon mal Handarbeit betreibt.

Ein Ölgemälde, dass ein Porträt von Katharina von Donnersmarck zeigt.
Porträt-Gemälde von Katharina von Donnersmarck.

Ihre Aufgaben im Vereinslazarett Frohnau

Doch dieses Bild trügt. Durch ihre Heirat und den industriellen Erfolg ihres Mannes war Katharina von Donnersmarck zu einer der reichsten Frauen des Deutschen Reichs aufgestiegen. Das hielt sie nicht davon ab, sich an den karitativen Bestrebungen ihres Mannes zu Beginn des ersten Weltkriegs zu beteiligen. Nur vier Tage nach Ausbruch des Krieges ließ Guido von Donnersmarck im Casino des Bahnhofs der Gartenstadt Frohnau ein Vereinslazarett für Kriegsversehrte einrichten. Der Fürst folgte mit diesem sozialen Engagement dem Trend der Zeit. Damals entstanden im ganzen Deutsche Reich kleinere und größere Lazarette, die oft aus privaten Mitteln finanziert wurden. Dieses Engagement war bitter nötig, denn die moderne Kriegsführung und die aseptische Medizin führten zu einer Zunahme schwerer Verletzungen, welche die Betroffenen jedoch häufiger überlebten und deswegen auf eine gute medizinische Versorgung und Prothetik angewiesen waren.

Katharina von Donnersmarck in der Mitte mit Chefarzt Dr. Max Berg (links, vorn) und Kriegsversehrten aus dem Vereinslazarett.

Neben der ärztlichen Versorgung, die dem Chefarzt Dr. Max Berg unterstand, musste im Vereinslazarett Frohnau natürlich auch die Pflege der Verletzten und persönlicher Beistand geleistet werden. Dieser Aufgabe nahm sich Katharina von Donnersmarck an. Als Ehrenmitglied des „Vaterländischen Frauen-Vereins Frohnau bei Berlin“ führte sie die Aufsicht über die zwölf beschäftigten Krankenschwestern. Dabei kam es auch zu persönlichen Kontakten. Mit einigen im Vereinslazarett behandelten Personen korrespondierte Rina von Donnersmarck auch nach deren Entlassung.

Katharina von Donnersmarck gibt gute Ratschläge für Kriegsversehrte

Ein solch seltener Brief, der über die konkrete Arbeit des Vereinslazaretts und das Schicksal der dort behandelten Veteranen Auskunft gibt, erhielt das Archiv der Stiftung 2012 von Christiane Knop. Das Schreiben datiert auf den 13. September 1919. Es handelt sich um einen Antwortbrief Rina von Donnersmarcks an Alfred Günther, der sich nach der Demobilisierung des Heeres in der Sorge um sein berufliches Fortkommen an die Fürstin wandte. In dem Brief heißt es:

Mein guter Günther!

Sowie ich Ihren Brief als Unterlage hatte, habe ich mich durch meinen Geheimsekretär in Verbindung gesetzt mit Frau Jäckel, d.i. die Dame, der wir die Kriegsfürsorge unserer Verwundeten übertragen hatten und die ganz genau unterrichtet ist in allen Fragen. In letzter Zeit sind jedoch derart viel Änderungen vor sich gegangen, dass sie mich um ein paar Tage Bedenkzeit bat, ehe sie mir definitiv antwortete. Jedenfalls nehme ich an und hoffe bestimmt, dass Sie keinesfalls und keinen Moment Ihre gegenwärtige Stellung aufzugeben gewillt sind. Denn gerade durch die Auflösung der Armee und Rückkehr unserer Kriegsgefangenen, sowie Ausgewiesenen aus anderen Ländern sind nicht nur – u. zw. in jedem denkbaren Beruf – bereits sämtliche Posten überfüllt, sondern es wartet auch noch eine große Anzahl dieser Leute auf ihre Versorgung. Haben Sie andererseits so viel freie Zeit, dass Sie versuchen, Ihre Bildung zu vervollständigen, was immer ein Vorzug ist und Ihnen in späteren Jahren von Nutzen sein kann.
Sobald ich weitere Auskunft erhalte, werde ich Sie umgehend benachrichtigen.


Mit schönem Gruß
Rina Fürstin Donnersmarck

Ein historiches Schwarz-Weiß Foto: Mehrere Männer in und um ihre Betten im Vereinslazarett. Rechts im Bild auch eine Krankenschwester.
Alfred Günther (zu sehen in der Bildmitte) im Vereinslazarett Frohnau.

Im Postskriptum heißt es:

Inzwischen wird mir für Ihre Zwecke die Beratungsstelle Dr. Beckmann, Landeshaus Matthäikrichstraße 20 (Sprechstunde Donnerstag Vormittags 9 Uhr) angegeben, die Sie aber voraussichtlich an den Academischen Hilfsbund, Georgenstraße, im Gymnasium, verweisen dürfte, sodaß Sie sich auch direct an letzteren wenden könnten, wo Sie alle erforderlichen Informationen erhalten würden.
Über das Resultat der Ihrerseits unternommenen Schritte möchte ich dann gern etwas Näheres erfahren, vielleicht einmal mündlich Ende d. Mts. Sobald meine Vertretung in der Krankenpflege beendet ist und würde ich Ihnen Tag und Stunde hierfür nach Erhalt Ihrer Antwort über das Ihrerseits erreichte noch mitteilen.
D. U.

Sicher, der Tonfall des Briefs hat etwas mütterlich-fürsorgliches. Er passt aber zu dem Umgang mit Kriegsgeschädigten im Vereinslazarett Frohnau und dem zeitgenössischen Umgang mit Menschen mit Behinderung. Der Fokus der Fürsorge lag damals auf der Wiederherstellung der Erwerbstätigkeit. Dadurch sollten Kriegsversehrte von sozialen Unterstützungs- und Transferleistungen unabhängig werden. Alfred Günther scheint den Vorschlägen Rina von Donnersmarck gefolgt zu sein und hat sich weitergebildet. Später gelang es ihm, eine Stellung in der Verwaltung des Preußischen Innenministeriums zu bekommen. Frohnau hielt er die Treue und lebte dort bis zu seinem 87 Lebensjahr. Über den weiteren Kontakt Rina von Donnersmarcks mit Alfred Günthers sind wir nicht informiert. Das gilt auch über die weiteren Ereignisse im Leben der Fürstin, die im Februar 1929 in Koslowagora verstarb.