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40 Jahre WIR-Magazin mit Thomas Golka

Das WIR-Magazin feiert 2024 seinen 70. Geburtstag. Von den 70 Jahren des Bestehens des Magazins hat Thomas Golka von 1984 bis 2017 die Geschicke der Redaktion maßgeblich mitbestimmt. Davon viele Jahre als Chefredakteur. Sein Blick hinter die Kulissen und auf die Themen, die das WIR-Magazin und Menschen mit Behinderung von 1984 bis heute geprägt haben, ist für das Gedächtnis der Redaktionsarbeit ein wahrer Schatz. Die WIR-Redakteurin Anke Köhler hat Thoma Golka zum 70. Jubiläum des WIR-Magazins interviewt.

Thomas Golka begleitet die Wir von Modems bis zur Moderne

Lieber Thomas Golka, erinnerst Du Dich noch an Deinen ersten Artikel für die WIR?

Wenn ich mich recht erinnere, war das ein Reisebericht über eine Englandreise mit der Theatergruppe der heutigen Villa Donnersmarck. Ich hatte die Reise als Fahrer, Kulissenschieber  und  auch als Übersetzer begleitet und anschließend einen Reisebericht für die WIR geschrieben.

Eine WIR-Redaktionssitzung aus den 1970er Jahren

Wie bist du in die Redaktionsgruppe gekommen?

Der damaligen Leiterin der WIR-Redaktion, die damals noch Pressegruppe hieß, Frau Neukirchen-Diem, und der Redaktion gefiel mein Text. Sie suchten einen Redakteur und sagten: „Dann kann der Thomas bei uns mitarbeiten“. Ich war damals noch nicht fest bei der Fürst Donnersmarck-Stiftung angestellt. So kam ich auf Einladung von Frau Neukirchen-Diem zum ersten Mal in die Redaktionsgruppe und wurde quasi Honorarkraft für die WIR-Zeitung.

Damals gab es 10 bis 12 Mitglieder. Die meisten von ihnen haben Texte geschrieben. Später kamen auch Mitglieder, die weniger oder gar nicht schrieben, sondern nur Ideen einbrachten. Aber das war auch in Ordnung. Für mich war es natürlich komisch, mit so vielen älteren Leuten zusammen zu sein, weil ich damals noch sehr jung war. Aber nach einer Weile habe ich zwei Dinge gemerkt: Einige dieser älteren Menschen waren interessant und hatten spannende Geschichten zu erzählen. Und durch die enge Zusammenarbeit verschwanden irgendwann die Rollstühle aus meinem Blickfeld.

Es steckt viel Arbeit in so einem Artikel.

Thomas Golka

Wie können wir uns die Redaktionsarbeit in den 1980er Jahren vorstellen?

Ich war überrascht, wie aufwendig die Zeitung produziert wurde. Ich habe alle handgeschriebenen Texte abgetippt. Dann bin ich in die Gruppe gegangen, wo jeder Text einzeln besprochen und redigiert wurde. Früher funktionierte die Redaktion auch anders als heute. Jeder brachte seinen fertigen Artikel zu den Sitzungen mit und las ihn vor. Dann gab es eine Art Gruppenlektorat.

Bis in die 1980er Jahre hinein wurden die Texte für das WIR-Magazin abgetippt, korrigiert, wieder abgetippt und mit Letraset-Verfahren für die jeweilige Ausgabe in zeitaufwendigem Verfahren zusammengestellt.

DTP, EPS und ISDN – Früher war alles aufwändiger!

Wie konntest Du das Layout und die Produktionsweise des Heftes modernisieren?

Das war ein mehrstufiger Prozess. Ich habe die WIR-Zeitung noch mit Wachsmatrizen und Letraset-Buchstaben kennen gelernt. Der erste Schritt war, das Letraset aufzugeben und ein Desktop-Publishing-Programm anzuschaffen. Das war etwa 1991, als die Stiftung wirklich viel Geld in die Zeitung investierte. Wir haben zwischen 10.000 und 12.000 DM für diese Ausstattung ausgegeben. Ich wollte endlich ein professionelles Layout haben, das nicht mehr geklebt und geschnippelt aussieht und bei dem man nicht mehr auf Letraset-Schriften zurückgreifen muss. Dann kam ein glücklicher Zufall: Im Fürst Donnersmarck-Haus begann damals die Druckerei Theradruck mit dem späteren ersten Geschäftsführer der Nordbahn gGmbH, Christoph Brun. Mit ihm habe ich viel zusammengearbeitet. Die Druckerei war auf Desktop-Publishing (DTP) spezialisiert. Das Preflight machte ein junger Mann im Rollstuhl. Anfangs schickte ich Encapsulated PostScript (EPS)-Dateien, die sehr groß waren. Die Übertragung über ISDN von einer fast druckfertigen 80-seitigen Ausgabe dauerte fast einen ganzen Tag. Meist haben wir den Transfer am Wochenende gemacht, um die Leitungen in der Stiftung nicht zu überlasten.

Wie aufwendig war es, Fotos in das Magazin einzufügen?

Zuerst musste man ein Foto machen, es entwickeln und einen Abzug machen. Als wir diese großen DTP-Arbeitsplätze eingerichtet haben, haben wir einen Scanner gekauft. Damit konnten wir die Fotos digitalisieren. Für die grafischen Motive, die wir uns ausgedacht haben, haben wir Arts & Letters benutzt.

Welche Themen beschäftigten die Redaktion in den 1980er und 1990er Jahren?

Dass immer Menschen mit Behinderung die Artikel selbst geschrieben oder daran mitgearbeitet haben, war schon immer das Prinzip von der WIR. Das ist bis heute so geblieben. Als Chefredakteur hatte ich damals nicht die Freiheit, konkrete Arbeitsaufträge an die Redakteure zu erteilen.  Das hat die Themenauswahl oft eingeschränkt. Wenn ich ein bestimmtes Thema ins Heft heben wollte, musste ich es meist selbst schreiben. Dann habe ich die Rubrik „Das Interview“ eingeführt. Durch die Auswahl der Gesprächspartner, zum Beispiel mit den ersten Behindertenbeauftragten in Berlin und Brandenburg, konnte ich auch zunehmend sozial-politische Themen platzieren.  Die Themen und Texte der Redaktionsgruppe waren alle sehr persönlich, sehr nah an den Autoren. Das hat dazu geführt, dass die Themenauswahl etwas asymmetrisch zu den durchschnittlichen gesellschaftlichen Debatten war. Wir haben zum Beispiel nicht ständig über Änderungen in der Pflegeversicherung berichtet, sondern eine Ausgabe dazu gemacht. Da hat jeder berichtet, wie sich die Veränderungen in der Pflege direkt auf seinen Alltag auswirken. Wir haben auch die Gesetzesparagraphen veröffentlicht, damit jeder nachlesen konnte, was auf ihn zukam.

Thomas Golka: „Reisen ist auch immer ein Stück Rehabilitation“

Warum hatten Reiseberichte damals einen hohen Stellenwert in der WIR?

Das Thema Reisen hatte für uns in der Redaktion eine persönliche Facette. Für Menschen mit Behinderung bedeutete Reisen immer das Verlassen einer sicheren Umgebung und den Aufbruch ins Unbekannte. Das kann ich jetzt, da ich selbst fast blind bin, sehr gut nachvollziehen. Wenn ich rausgehe und woanders hinfahre, gehe ich das Risiko ein, dass ich dort vielleicht nicht zurechtkomme, und ich glaube, das gilt heute noch genauso wie damals. Reisen ist daher auch immer ein Stück Rehabilitation für jemanden, der eine Behinderung hat. 

Thomas Golka und WIR-Redaktionsmitglied Ruth Weie kannten sich gut u.a. von der gemeinsamen Englandreise

Wenn ich an Reisen zurückdenke, bei denen ich Menschen mit Behinderung begleitet habe, habe ich oft gehört: „Das habe ich seit XY Jahren nicht mehr oder noch nie gemacht“.  Ein Beispiel: Ich saß mit Alfons Sperl in der Geburtskirche in Israel. Zu der Grotte, in der Jesus geboren sein soll, führte eine Wendeltreppe hinunter, ein Hindernis, das Alfons Sperl alleine nicht überwinden konnte. Wir fragten ihn, ob er dorthin wolle. Alfons, , ein sehr gläubiger Mensch, war zu bescheiden, um einfach ja zu sagen. Erst auf Nachfragen   gab zu, dass er eigentlich nach unten wollte. Also haben wir ihn die Wendeltreppe hinuntergetragen. Dort unten hängen aber auch Ledertafeln aus dem 4. Jahrhundert. Alfons ist Spastiker und hat sich so gefreut, dass er seine Bewegungen nicht gut kontrollieren konnte. Er streifte immer wieder diese 1600 Jahre alten Kunstwerke. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, aber wir sind ohne Schaden wieder hochgekommen. Denn ich habe ihn einfach fest umarmt. (lacht)

Es gab auch Rubriken wie „Knoops Kolumne“ oder „Oma erzählt“.

Die Oma geisterte als literarische Figur mit feinen, genauen Beobachtungen mehrere Jahre durch die WIR.  Ihre Schöpferin, Ruth Weie, hatte hier diesen persönlichen Blick auf die Welt, den ich eben angesprochen habe. Den hatte auch Friedemann Knoop. Was man verstehen kann, wenn man weiß, dass er über einen längeren Zeitraum im Locked-in-Syndrom feststeckte.  Er hatte alles um sich herum mitbekommen, obwohl er nichts sprechen und sich nicht bewegen konnte. Über viele auch komische Dinge, die er in dieser Zeit erlebt hat, hat er in „Knoops Kolumne“ berichtet. Denn er hatte einen anderen Blick auf die Welt als jemand, der diese Erfahrung nicht gemacht hat.

Mach Du die WIR

Gisela Neukirchen-Diem

Eine hartnäckige Wir-Redaktion

Wie sind die verschiedenen Rubriken der Zeitschrift entstanden, wenn man bedenkt, dass die Gruppenberichte aus den Freizeitgruppen der heutigen Villa Donnersmarck seit 1954 den Kern der WIR bildeten?

Es war nicht einfach, Neuerungen durchzusetzen. Die Redaktion war sehr hartnäckig. Die Gruppenberichte wurden auch als eine Art kollektives Gedächtnis betrachtet, das den Gruppen und ihren Redakteuren sehr wichtig war. Da war es schwierig, Strukturen aufzubrechen, weil jeder Schreiber auch Teil einer Gruppe in der Villa war. Aber wenn etwas Neues nicht zu ihren Lasten ging und erfolgreich war, machten die Redakteure gerne mit. Interessant war nach Mauerfall, dass nun neue Menschen in die Redaktion kamen, erstmalig auch Menschen aus Ostdeutschland. Das waren spannende Diskussionen.

Am Anfang war ich nur dabei und habe die Zuarbeiten gemacht. Frau Neukirchen-Diem war immer noch die Chefredakteurin. Irgendwann hat sie dann gesagt: „Mach du die WIR.“ Das Erste, was ich dann eingeführt habe, war die Rubrik „Das Interview“. Als zweites kam ein Editorial, eine Art Werkstattbericht aus der Redaktion. Nach und nach sind immer mehr Rubriken hinzugekommen, manche haben sich gehalten, manche sind auch wieder verschwunden.

Wir hatten auch Redakteure, die aufgrund ihrer Behinderung in ihrer Kindheit zu Hause versteckt wurden.

Thoma Golka

Die Frage, ob wir weiterhin Geburtstags- und Todesanzeigen veröffentlichen sollten, war umstritten, zumal ein Teil der FDST-Leitung der Meinung war, Todesanzeigen seien zu negativ für das Heft. Aber für die Leute waren diese Anzeigen sehr wichtig. Sie konnten so   wissen, wenn ich diese Welt verlasse und es ist keiner da, der sich darum kümmert, aber in der WIR-Zeitung werde ich noch einmal auftauchen. Das kann ich auch verstehen, wenn man sonst wenig Punkte hat, wo man so sichtbar ist, einfach einen Ort haben will, wo man sich wiederfindet. Dass Menschen mit Behinderung ganz selbstverständlich in der Öffentlichkeit sichtbar sind, das hat damals erst angefangen, selbstverständlich zu werden. Wir hatten auch Redakteure, die aufgrund ihrer Behinderung in ihrer Kindheit zu Hause versteckt wurden.

Ende der 1990er Jahre fand ein umfassender Relaunch der Zeitschrift statt. Wie kam es dazu?

Im Zuge der Entwicklung der Kommunikation innerhalb der Stiftung wurde auch das WIR-Magazin bzw. die Zusammensetzung der Gruppe umstrukturiert. 1999 gab es eine Abschiedsfeier in der Villa Donnersmarck, zu der auch der Geschäftsführer Wolfgang Schrödter kam und der Gruppe für ihre jahrelange Arbeit dankte. Dann wurde eine neue Gruppe gegründet, in der alle Arbeitsbereiche der Stiftung vertreten sein sollten: das Fürst Donnersmarck-Haus, die Wohngemeinschaften, das Reisebüro und natürlich die Villa.  Ich wurde Leiter der Öffentlichkeitsarbeit und vertrat die Geschäftsstelle in der Redaktionsgruppe. Auch die Arbeitsweise hat sich verändert. Zuerst haben wir uns überlegt, wie die WIR inhaltlich aussehen soll und daraus ein Konzept entwickelt.  Dann beauftragten wir die Agentur bleifrei mit einem professionellen Design. Und beschäftigten, um ein höheres Niveau zu erreichen, einen Lektor, Sean Bussenius, der heute in der Villa arbeitet

Wie viele Leute aus der alten Pressegruppe sind in die neue gewechselt?

Nun, es wären gerne mehr gekommen, denn viele von ihnen gehörten zur Villa. Aber für die Villa gab es in der neuen Gruppe nur zwei Plätze.

Ihnen eine Stimme zu geben, das war eigentlich der Sinn des Forum

Thomas Golka

Diese persönlichen Texte gab es aber auch nach dem Relaunch in der WIR im Forum?

Diese Rubrik war den ehrenamtlichen Redakteuren schon immer wichtig. Denn im Forum war jeder mit seinen Texten willkommen. Die einzige Bedingung:  Es musste ein selbst geschriebener Text eines Menschen mit Behinderung sein. Diese Rubrik war für Menschen mit Behinderung gedacht, die nicht so in die Gesellschaft integriert sind, dass sie zum Beispiel Leserbriefe an Zeitungen oder in irgendwelchen Foren schreiben. Diese Stimmen kamen sonst nirgendwo zu Wort. Das war mir als Chefredakteur immer sehr wichtig. Natürlich gab es auch Menschen mit Behinderung, die sich offensiv und politisch engagiert haben und auch ab und zu in der WIR veröffentlicht haben. Ich denke da zum Beispiel an Uschi Lehmann. Aber die meisten anderen in der Redaktion waren eher defensiv. Und trotzdem haben sie ihre Schwierigkeiten gehabt und u.U. auch gelitten. Ihnen eine Stimme zu geben, das war eigentlich der Sinn des Forum. Die WIR hat ihnen mit dem Forum einen Raum gegeben.  Heute könnte man solche Artikel in einem Blog veröffentlichen. Aber damals gab es diese technischen Lösungen nicht. Das Web 2.0 war noch nicht erfunden, geschweige denn das Web 3.0 oder jetzt 4.0. Auch wenn die Rubrik so ein kleiner Gemischtwarenladen war, habe ich für ihren Erhalt gekämpft.

Die Produktion eines gedruckten Magazins kostet einfach mehr als die eines Blogs. Gab es in deiner Zeit einen Punkt, an dem die Geschäftsführung die WIR einstellen wollte?

Die Finanzen waren immer ein Thema. Als ich bei der WIR angefangen hatte, erschienen wir sechsmal im Jahr. Wir haben die Erscheinungsweise auch reduzieren müssen und haben auf jede erdenkliche Art und Weise versucht, Geld einzusparen, um das Projekt zu erhalten. Aber letztendlich haben die Geschäftsführung und Kuratorium immer dazu gestanden. Die WIR war für mich während meiner ganzen Tätigkeit ein wichtiges Projekt der Stiftung.

Mutige Ausgabe und Lieblingsartikel von Thomas Golka

Hat die Geschäftsführung oder das Kuratorium auch mal inhaltlich eingegriffen?

Ich denke da an die Sexy-WIR. Wenn man sich die Downloadzahlen anschaut, war diese Ausgabe über Sexualität und Behinderung unsere erfolgreichste Ausgabe. Und es war eine der mutigsten Ausgaben, die wir damals gemacht haben. Wir haben auch lange überlegt, wie wir sie illustrieren. Letztendlich   haben wir uns entschieden, Menschen mit körperlicher Behinderung nackt zu zeigen. Und das ist gerade in einem diakonischen Umfeld nicht nur gut angekommen. Der damalige Geschäftsführer Wolfgang Schrödter hat sich die Mühe gemacht, den Entwurf einmal komplett gedruckt anzusehen. Denn er wusste, dass er auf diese Ausgabe angesprochen werden würde. Das ist tatsächlich auch passiert. Aber im Großen und Ganzen war die Resonanz positiv.  Eigentlich hatten wir bei der Themenauswahl immer freie Hand. Das spricht für das große Vertrauen der Geschäftsführung in die Arbeitsweise der Gruppe.

An das Thema Behinderung und Gewalt habe ich mich nicht getraut, weil ich gedacht habe, das kann leicht in die Hose gehen. Da hatte ich mehr Angst als ihr. Diese Ausgabe habt Ihr toll gemacht. Da muss ich den Hut ziehen!

An welche Artikel denkst Du gerne zurück?

Für mich war mein erster Artikel über England super interessant, weil das für mich sozusagen der Türöffner war, in die WIR reinzukommen. Und dann denke ich gerne an zwei Interviews zurück. Das eine habe ich ganz zu Beginn meiner Tätigkeit mit dem damaligen Geschäftsführer, Herrn Reichel, geführt und dann noch einmal zum Ende seiner Tätigkeit. Er hat mich als Mensch sehr beeindruckt und mich im Interview in die lange Zeit, die er für die FDST gearbeitet hat, mitgenommen. Dann habe ich gerne Doppelinterviews gemacht, zwei Leuten die gleichen Fragen gestellt, um zu sehen, wie unterschiedlich sie reagieren. Das habe ich zum Beispiel in den 1990er Jahren mit der damaligen Berliner Behindertenbeauftragten und dem ersten Beauftragten in Brandenburg gemacht. Der hieß Rainer Kluge, war noch ganz jung und saß im   Rollstuhl. Die Berliner Beauftragte war eine gestandene Politikerin ohne Behinderung, die nur wenige Perspektiven oder Visionen für Menschen mit Behinderung benannte.  Rainer Kluge dagegen hatte sich wirklich Gedanken gemacht, was er mit diesem Amt erreichen wollte. Man merkte, dass er mit Herzblut bei der Sache war. Es war sein erstes Interview, das wusste ich damals natürlich noch nicht, und er hat sich wahnsinnig darauf vorbereitet. Eigentlich war er der Berliner Beauftragten thematisch meilenweit überlegen.

Gibt es auch etwas, das dich als Chefredakteur richtig geärgert hat?

Dass wir einmal Tantiemen an den Falk-Verlag zahlen mussten, war das Ärgerlichste, was ich als Chefredakteur erlebt habe. Unser Schwerpunktthema für die WIR war der Sozialraum. Wir haben extra einen Berliner Stadtplan vom Falk-Verlag gekauft, an die Wand gehängt, uns als Redaktion davor gestellt und unsere Sozialräume mit Punkten markiert. Diese Aktion haben wir natürlich für den entsprechenden Artikel fotografiert. Für dieses Foto in der WIR wurden wir abgemahnt, mussten eine Strafe zahlen und die entsprechenden Stellen im PDF für den Download schwärzen. Und deshalb noch einmal: Kauft keine Karten von dem verachtenswerten Falk-Verlag!

Als jahrzehntelanger WIR-Chefredakteur und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, warst Du immer sehr netzaffin. Bitte beschreibe doch zum Schluss das Wesen der WIR in einem Social Media Post in 140 Zeichen.

Das kriege ich kürzer hin: WIR, die Bunte unter den Behindertenzeitungen, persönlich, treffend, authentisch

Lieber Thomas, vielen Dank für diesen wunderbaren Rückblick auf unsere WIR.

Das Interview sowie weitere Stimmen zum 70. Geburtstag finden Sie in der Jubiläumsbeilage zur WIR 1/2024