Von den Anfängen der Fürst Donnersmarck-Stiftung
mittendrin ist unsere Plattform für Geschichten rund um die Fürst Donnersmarck-Stiftung. Doch nicht nur die Gegenwart steckt voller Nachrichten, auch unsere Vergangenheit hat Spannendes zu bieten. Deshalb wollen wir monatlich mit dem „Archivstück des Monats“ Geschichten über besondere, vergessene oder einfach nur kuriose Dokumente und Objekte aus der mehr als einhundertjährigen Stiftungshistorie erzählen. Jedes Objekt wirft sein ganz eigenes Licht auf die Stiftung und die Gesellschaft. Wir beginnen mit einem Dokument, von den Anfängen der Donnersmarck-Stiftung.
Anfänge der Donnersmarck-Stiftung: „Chronik des Vereinslazaretts Frohnau“
Hinter der Signatur Zen-1 im Archiv der Fürst Donnersmarck-Stiftung steckt die „Chronik des Vereinslazaretts Frohnau“ von 1914-1919. Das maschinenschriftlich verfasste und in Leder gebundene Buch wurde
Guidotto Karl Lazarus Graf Henckel Fürst von Donnersmarck am 21.5.1919 zum Geburtstag überreicht. Es behandelt die Geschichte des Vereinslazarett Frohnau, das sein Vater, Guido Henckel von Donnersmarck, unmittelbar nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs im heutigen S-Bahnhof der Gartenstadt bei Berlin gegründet hatte. Dieses Lazarett diente der Versorgung von Kriegsversehrten. Die Chronik gibt anschauliche Einblicke in die Tätigkeiten des Vereinslazaretts und in den Umgang mit den Invaliden, die der Erste Weltkrieg hinterließ.
Wie es für den zeitgenössischen Umgang mit Behinderungen üblich war, verfolgten die Ärzte im Vereinslazarett das Ziel, die Arbeitsfähigkeit der Verwundeten wiederherzustellen. Oftmals mit dem Resultat, dass man den Betroffenen nach einer gelungenen Rehabilitation die gesellschaftlichen Versorgungsansprüche kürzte. Die Rehabilitation und Versorgung von Kriegsversehrten erlangte während des Ersten Weltkriegs große Bedeutung. Das lässt sich vor allem auf die große Zahl der Verwundeten zurückführen, die durch verbesserte medizinische Möglichkeiten und die Einführung aseptischer Maßnahmen zum Teil schwerste Kriegsverletzungen überlebten. Eine Besonderheit des Vereinslazaretts Frohnau war, dass die Pflege von Kriegsversehrten von vornherein mit der medizinischen Erforschung der Verletzungsbilder und der Weiterentwicklung von Therapiemaßnahmen verbunden war. Die durch die Materialschlachten hervorgerufenen Verwundungen unterschieden sich von denen früherer Kriege wesentlich, ohne dass zu Beginn geeignete Therapiemethoden existierten.
Vom Lazarett für Kriesgversehrte zur Fürst Donnersmarck-Stiftung
Einen Plastischen Eindruck davon vermittelt die bereits genannte „Chronik des Vereinslazaretts Frohnau“. Der leitende Chefarzt, Dr. Max Berg, führte hier zum Thema ‚Kriegschirurgie‘ aus:
„Die gewaltige Ausdehnung, die der Weltkrieg in wenigen Wochen angenommen hatte, zusammen mit der ungeheuer zerstörenden Wucht, welche namentlich die modernen Artilleriegeschossse hervorriefen, führte zu Verletzungen, die in ihrer Schwere in den letzten Kriegen, auch den beiden Balkankriegen, nur sehr vereinzelt zur Beobachtung gekommen waren. So war auch in ärztlicher Hinsicht manches „Neuland“, und theoretische Ueberlegung zusammen mit der praktischen Erfahrung mussten weiterhelfen. Immerhin sind einige grosse Gesichtspunkte auch jetzt massgebend geblieben und ihrer zielbewussten Durchführung verdankt mancher die Erhaltung seiner Glieder, wenn nicht des Lebens.“
Während jedoch das Lazarett kurze Zeit nach Beendigung der Kampfhandlungen wieder geschlossen wurde, gründete Guido Henckel von Donnersmarck am 8. Mai 1916 eine Organisation, die bis heute Bestand hat: Die Fürst Donnersmarck-Stiftung zu Berlin. Aus der Gründungszeit liegen umfangreiche Aktenbestände vor, die Einblicke in die Konzeption der Organisation und die ersten Jahre der Stiftung geben.
Der Zweck zu den Anfängen der Fürst Donnersmarck-Stiftung
Zweck der Stiftung war zunächst die Errichtung einer „Kur- und Heilanstalt für die verwundeten und Erkrankten Krieger“ in Verbindung mit einer „Forschungsstätte für die wissenschaftliche Verarbeitung und therapeutische Verwertung“ der im Ersten Weltkrieg „gesammelten ärztlichen Erfahrungen“. Doch schon kurz nach dem notariellen Stiftungsakt geriet die Einrichtung der Kur- und Heilanstalt ins Stocken. Die Stiftung beteiligte sich zwar noch finanziell an der Publikation des neunbändigen „Handbuchs der ärztlichen Erfahrungen im Weltkriege“, das zwischen 1921 und 1934 erschien und vom ersten Kuratoriumsvorsitzenden der Stiftung, dem Chef des Feldsanitätswesens Otto von Schjerning, initiiert wurde; das operative Geschäft nahm die Stiftung aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg auf. Damals hatte sie sich bereits von ihrer militärärztlichen Tradition, der sie entstammt, gelöst. Laut der ersten, 1949 vorgelegten, Nachkriegsverfassung setzte sie sich ab da die „Rehabilitation, Betreuung, Unterstützung und Förderung“ von Menschen mit Behinderung zum Ziel.
Dominik Erdmann
Im nächsten Beitrag der Reihe „Archivstück des Monats“ hat das „Handbuch der ärztlichen Erfahrungen im Weltkriege“ seinen Auftritt.