Gastbeiträge zum Thema Inklusion und Arbeit
Ein Beitrag von Stephan Neumann
Hallo liebe Leserinnen und Leser, mein Name ist Stephan Neumann und Sie werden im Rahmen von Gastbeiträgen hier bei mittendrin in Zukunft häufiger etwas von mir lesen können. In meinen Beiträgen werde ich Sie über verschiedene Punkte im Bereich Inklusion und Arbeit informieren. So könnte es beispielsweise um die Finanzierung einer Arbeitsplatzgestaltung oder die Zuschussmöglichkeiten für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung gehen. Aber bevor wir in konkrete Themen einsteigen, will ich erklären, warum meiner Meinung nach die Inklusion an der Arbeit so wichtig ist und ein paar Worte zu mir selbst schreiben.
Inklusion in der Arbeitswelt ist unabdingbar
Für eine wirkliche Inklusion in der Arbeitswelt ist es aus meiner persönlichen Sicht zunächst unabdingbar, die Mauern in den Köpfen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber einzureißen. Denn dort heißt es doch immer: „Kann er das überhaupt? Bringt er oder sie die erwartete Leistung?“
Dazu kann ich nur sagen, die potenziellen neuen Mitarbeitenden sind zwar behindert, aber nicht doof. Die Betroffenen wissen um diese Vorurteile und sind deswegen häufig bemüht, genau das durch ihren Einsatz zu widerlegen. Und wenn technische oder personelle Unterstützung nötig ist, sollte man darin eine Chance für das ganze Unternehmen sehen. Denn jede Belegschaft sollte auch ein Abbild unserer Gesellschaft sein.
Es soll schon den ein oder anderen Betrieb gegeben haben, in dem festgestellt wurde: der neue Mitarbeitende sitzt zwar im Rollstuhl, aber seine Beeinträchtigung ist gar nicht ansteckend und seine Arbeit macht er auch noch ganz ordentlich! Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels und nach 10 Jahren UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) kann es sich unsere Gesellschaft meiner Meinung nach definitiv nicht mehr leisten, die beschriebenen Vorurteile zu pflegen. Lassen Sie uns diese gemeinsam aufbrechen.
Nun werden Sie sich sicherlich fragen, wer ist die Person hinter diesen ersten provokanten Zeilen und den zukünftigen Artikeln? Dieses Geheimnis möchte ich sehr gerne lüften.
Über Stephan Neumann – Experte zum Thema Inklusion und Arbeit
Das Licht der Welt erblickte ich 1974. Seit meiner Geburt bin ich seh- und gehbehindert. Nach dem Besuch eines „normalen“ Kindergartens bin ich in Tempelhof zur Grundschule gegangen. Dort fingen die Herausforderungen an. Ich war der Einzige in der Klasse, der eine Beeinträchtigung hatte. 1981 waren wir noch deutlich weiter von Teilhabe entfernt, als wir es heute sind.
Nachdem es nach den ersten sechs Jahren nur eine Empfehlung für die Hauptschule gab, haben meine Eltern eine sehr gute Entscheidung getroffen und mich auf eine Realschule geschickt. Natürlich hatte ich einige Herausforderungen zu meistern. Aber es gab im Laufe der Zeit immer mehr Mitschülerinnen und Mitschüler, die feststellten, dass ich zwar beeinträchtigt bin, aber sonst eigentlich ganz okay. Im Anschluss an meinen Realschulabschluss habe ich dann meine Ausbildung zum Bürokaufmann erfolgreich abgeschlossen.
Aufgaben einer Vertrauensperson in der Schwerbehindertenvertretung
Seit einigen Jahren bin ich bei meinem Arbeitgeber auch als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen tätig. In dieser Funktion nehme ich regelmäßig an Bewerbungsgesprächen für die unterschiedlichsten Tätigkeitsfelder teil. Genau dort habe ich die bereits erwähnten Vorurteile schon unzählige Mal gehört. Dann ist es an mir, dagegen zu argumentieren. Das führt sehr häufig zum Erfolg. Darüber hinaus nehme ich an vielen Gesprächen im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) teil und helfe den betroffenen Kolleginnen und Kollegen dabei, zusammen mit dem Arbeitgeber eine Lösung zur Rückkehr an ihren Arbeitsplatz zu finden. Ich setze mich in dieser Funktion ebenfalls für die Barrierefreiheit im Gebäude und am Arbeitsplatz ein, wovon nicht nur beeinträchtigte Menschen profitieren. Auch der Abschluss einer Inklusionsvereinbarung welche gesetzlich vorgesehen ist, liegt im Verantwortungsbereich der Schwerbehindertenvertretung. In dieser können ganz speziell für das Unternehmen Vereinbarungen getroffen werden, die betriebliche Besonderheiten über das gesetzliche Mindestmaß hinaus regeln.
Beratung rund um das Thema Inklusion und Arbeit
Ich berate und unterstütze meine Kolleginnen und Kollegen beim Stellen von Anträgen für den Erhalt eines Schwerbehindertenausweises, einer Gleichstellung oder bei Anträgen an die Deutsche Rentenversicherung zum Erhalt bestimmter Leistungen. Nicht zuletzt kümmere ich mich dazu auch um interne Kommunikation, damit die Kolleginnen und Kollegen erfahren, was ihr Schwerbehindertenvertreter so treibt.
Und wenn sich dann der Tag noch nicht dem Ende neigt, engagiere ich mich im Bereich der politischen Behindertenbewegung, um auch auf dieser Ebene für die Belange und Rechte von Menschen mit Behinderung zu kämpfen. Hier stoße ich ebenfalls immer wieder auf viele Mauern, weshalb meine Arbeitstage oft sehr lang sind und ich darauf achten und mich selbst ermahnen muss, dass „Work-Life-Balance“ nicht nur eine schöne Redewendung bleibt.
Wie Sie sehen: „Es geht doch!“ Nun will ich in Zukunft meine vielfältigen Erfahrungen sowie mein Wissen mit Ihnen teilen und Ihnen mit diesen Artikeln Mut machen, Ängste nehmen und Ratschläge mit auf den Weg geben.
Gastbeiträge bei mittendrin
Hier bei mittendrin wollen wir ab sofort auch regelmäßig externe Autoren zu Wort kommen lassen. Wir freuen uns bereits jetzt auf die nächsten Beiträge von Stephan Neumann zum Themenbereich Inklusion und Arbeit. Wenn ihr eine Frage an Stephan Neumann habt, ihr euch ein bestimmtes Thema von ihm wünscht oder falls ihr selbst einmal einen Beitrag bei uns veröffentlichen wollt, dann nehmt einfach Kontakt mit uns auf.
Bildnachweis: Andi Weiland | Boehringer Ingelheim, Gesellschaftsbilder.de