Nachgefragt: Solidarität in der Gesellschaft stärken
„Deine Stimme für Inklusion – mach mit!“ lautet das Motto des Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung im Jahr 2021. Wir haben deshalb die Stimmen von Klientinnen und Klienten sowie Gästen der Fürst Donnersmarck-Stiftung gesammelt, die ihre Stimme für Inklusion erheben und Fragen an die Politik stellen wollten. Diese Fragen zu unterschiedlichen Themen im Bereich Barrierefreiheit, Inklusion und Teilhabe haben wir an die behindertenpolitischen Sprecher der großen demokratischen Parteien weitergeleitet und einige haben geantwortet. In diesem Artikel geht es um das Thema Rücksicht in der Gesellschaft, beziehungsweise, wie man die Solidarität in der Gesellschaft stärken kann.
Gegen Rücksichtslosigkeit: Die Solidarität in der Gesellschaft stärken
Die Frage lautete: „Die Rücksichtslosigkeit in Gesellschaft nimmt gefühlt zu. Was kann man dagegen tun?“
Antworten aus dem Bundestag
Aus dem Bundestag haben auf diese Frage geantwortet: Corinna Rüffer (Bündnis 90/Die Grünen), Jens Beeck (FDP), Sören Pellmann (Die Linke)
Corinna Rüffer (Bündnis 90/Die Grünen): „Ich würde die These durchaus in Frage stellen. Gerade in der Corona-Pandemie haben junge Menschen bewiesen, dass sie sich mehrheitlich verantwortungsvoll und solidarisch verhalten und bereit sind, sich zurückzunehmen und an die strengen Regeln zu halten, um ältere und vorerkrankte Menschen zu schützen. Grundsätzlich brauchen wir, um den Zusammenhalt zu stärken, bessere inklusive Strukturen, die für alle zugänglich sind und einen gemeinsamen öffentlichen Diskurs ermöglichen.“
Jens Beeck (FDP): „Der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft hat in meinen Augen schon vor der Corona-Pandemie abgenommen. Umso wichtiger ist es jetzt, dass wir die Krise jetzt als Chance begreifen und als Menschen in Deutschland und Europa wieder enger zusammenrücken. Das bedeutet auch, dass wir uns Hass und Ausgrenzung bei jeder Gelegenheit gemeinsam entschieden entgegenstellen.“
Sören Pellmann (Die Linke): „Diese Feststellung ist leider korrekt. Häufig sind die vermeintlich Schwächsten der Gesellschaft das Opfer. DIE LINKE kämpft für eine Welt, in der Menschen weder aufgrund Hautfarbe, Geschlecht, Behinderung usw. in irgendeiner Weise benachteiligt werden. Wir kämpfen dafür, dass bereits der Alltag diskriminierungsfrei gestaltet werden soll. Die Politik muss die Voraussetzungen schaffen, damit Barrieren im Kopf abgebaut werden. Nur mit der Sensibilität aller kann erfolgreich gegen die Rücksichtslosigkeit unserer Gesellschaft gekämpft werden.“
Antworten aus dem Abgeordnetenhaus von Berlin
Aus dem Abgeordnetenhaus von Berlin haben auf diese Frage geantwortet: Lars Düsterhöft (SPD), Thomas Seerig (FDP), Stefanie Fuchs (Die Linke).
Lars Düsterhöft (SPD): „Aufklären, Vermitteln und Bildung. Hier sehe ich den einzigen Weg, um langfristig zu einer gerechteren, inklusiven Gesellschaft zu kommen. Wenn unsere Kinder ab der Kita oder spätestens in der Schule ein inklusives Miteinander erlernen und erleben, dann werden wir auch erleben, dass unsere Kinder später rücksichtsvoll mit allen Menschen in unserer Gesellschaft umgehen. Ich streite deshalb seit Jahren für eine inklusive Schulbildung.“
Thomas Seerig (FDP): „Dieses Problem ist nicht allein durch die Politik zu lösen, sondern nur im alltäglichen Miteinander, also dem Handeln von jedem Einzelnen. Eine Ursache der Rücksichtslosigkeit liegt im Wegfall allgemeingültiger Regeln und dem Gemeinschaftsgefühl, doch eine starke – zu starke – Betonung von Unterschieden und eigenen Wünschen (Selbstverwirklichung). Die Entwicklung lässt sich aber wohl nur noch eindämmen und nicht mehr ändern.“
Stefanie Fuchs (Die Linke): „Ich denke, „soft skills“ wie Solidarität, Rücksichtnahme, Respekt und Achtsamkeit gegenüber anderen sollten einerseits Bestandteil von Erziehung und Bildung in Kita und Schule sein und den gleichen Stellenwert genießen, wie Deutsch, Mathematik oder Fremdsprachen. Andererseits muss man Menschen ermutigen, auch einzugreifen, wenn sich rücksichtslos verhalten wird. Im Straßenverkehr würden sicher auch schärfere Sanktionen für rücksichtsloses Verhalten und Regelüberschreitungen helfen. Aufgabe von Politikern wiederum ist es, eine Gesellschaft zu gestalten, die auf Werten wie Solidarität, Ausgleich und Respekt beruht und nicht auf Konkurrenz, sozialer Kälte und Ungleichheit.“