Nachgefragt: Berufliche Wiedereingliederung
„Deine Stimme für Inklusion – mach mit!“ lautet das Motto des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung im Jahr 2021. Wir haben deshalb die Stimmen von Klientinnen und Klienten sowie Gästen der Fürst Donnersmarck-Stiftung gesammelt, die ihre Stimme für Inklusion erheben und Fragen an die Politik stellen wollten. Diese Fragen zu unterschiedlichen Themen im Bereich Barrierefreiheit, Inklusion und Teilhabe haben wir an die behindertenpolitischen Sprecher der großen demokratischen Parteien weitergeleitet und einige haben geantwortet. In diesem Artikel geht es um die berufliche Wiedereingliederung für Menschen mit Behinderung.
Wie lässt sich die berufliche Wiedereingliederung verbessern?
Die Frage: „Wie kann man die berufliche Wiedereingliederung von Menschen mit Behinderung politisch besser unterstützen?“
Antworten aus dem Bundestag
Aus dem Bundestag haben auf diese Frage geantwortet: Corinna Rüffer (Bündnis 90/Die Grünen), Jens Beeck (FDP), Sören Pellmann (Die Linke)
Corinna Rüffer (Bündnis 90/Die Grünen): „Wir wollen einen inklusiven Arbeitsmarkt. Alle Menschen sollen den Beruf ergreifen können, der ihren Fähigkeiten und Neigungen entspricht. Damit Menschen mit Behinderungen einen guten (Wieder-)Einstieg ins Berufsleben haben, müssen Sie gut unterstützt werden. Dazu kann die Einrichtung eines barrierefreien Arbeitsplatzes zählen, aber auch Beratung und Begleitung, notwendige Hilfsmittel oder ein dauerhafter Lohnkostenzuschuss als Nachteilsausgleich. Wir wollen, dass Menschen mit Behinderungen dies schnell und unbürokratisch erhalten und das Unterstützungssystem inklusive umgestaltet wird.“
Jens Beeck (FDP): „Menschen mit Behinderungen haben es auf dem Arbeitsmarkt leider oftmals sehr schwer. Erfolgreiche Inklusion ist auch heute noch immer keine Selbstverständlichkeit. Das muss sich ändern. Bestehende Angebote wie das Budget für Arbeit oder das Budget für Ausbildung müssen daher dringend reformiert und einfacher gemacht werden. Zudem müssen wir Arbeitgebern die Bedenken nehmen, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Schließlich müssen die Unterstützungsleistungen aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe unbürokratischer und schneller verfügbar sein.“
Sören Pellmann (Die Linke): „DIE LINKE fordert die Schaffung von Rahmenbedingungen für einen inklusiven Arbeitsmarkt, langfristige und bedarfsdeckende Förderungen von Menschen mit Behinderungen, die deutliche Erhöhung der Ausgleichsabgabe, eine bessere und einheitliche Beratung und Vermittlung durch die Bundesagentur für Arbeit. Wir wollen Inklusionsunternehmen mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen deutlich stärker fördern und ausweiten. Die Vermittlung von Werkstätten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt muss stärker gefördert werden. Dafür sind das Budget für Arbeit und für Ausbildung bedarfsdeckend auszugestalten und zu stärken.“
Antworten aus dem Abgeordnetenhaus von Berlin
Aus dem Abgeordnetenhaus von Berlin haben auf diese Frage geantwortet: Lars Düsterhöft (SPD), Thomas Seerig (FDP), Stefanie Fuchs (Die Linke).
Lars Düsterhöft (SPD): „Ich glaube, dass die enge Begleitung das A und O ist. Wer Hilfe benötigt, muss diese bekommen. Nicht nur in Form eines Gespräches. Es geht um eine intensive Begleitung über mehrere Wochen oder gar Monate. Hierfür brauchen wir bei der Agentur für Arbeit sowie bei den Jobcentern deutlich mehr Personal. Der Bereuungsschlüssel müsste meines Erachtens deutlich gesenkt werden. Hierfür setze ich mich ein.“
Thomas Seerig (FDP): „Inklusion muss gerade in Bildung und Beruf stärker gelebt werden. Der Weg von der (Förder) Schule in die Werkstatt darf kein Automatismus und keine Einbahnstraße sein. Wenn jährlich nur 1% der Mitarbeiter von Werkstätten in den normalen Arbeitsmarkt wechseln, ist das zu wenig. Hier müssen Betriebe und Menschen mit Handicap gleichermaßen ermutigt und unterstützt werden. Der Staat muss stärker Vorbild sein und Jugendliche mit Handicap verstärkt ausbilden.“
Stefanie Fuchs (Die Linke): „Meine Wahrnehmung ist, dass die Werkzeuge, zum Beispiel das Budget für Arbeit, zur Verfügung stehen, aber noch zu wenig genutzt werden. Hier muss man Anreize setzen, dass diese Instrumente stärker genutzt werden. Auch sollte man die „Einbahnstraße in die Werkstätten“ abschaffen. Damit ist nicht verbunden, die Werkstätten an sich abzuschaffen. Vielmehr geht es darum, Inklusionsunternehmen mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung für Menschen mit Behinderung deutlich stärker zu fördern und auszuweiten. Die gesetzliche Beschäftigungsquote für Unternehmen müsste mindestens wieder auf 6 Prozent angehoben werden. Damit einhergehend müsste auch die Ausgleichsabgabe erhöht werden, um es Unternehmen zu erschweren, sich quasi „freizukaufen“.