Auf Floßfahrt in Lychen: Natur pur ohne Barrieren
„Wir sind Widerholungstäter“ erklärt eine Dame stolz. Ein Geständnis, welches man besser nur in ausgewählten Kreisen auf die richtige Frage abgibt. In diesem Fall jedoch völlig harmlos und sogar erfreulich. Gemeint ist nämlich eine Floßfahrt in Lychen auf dem Oberpfuhl See und dem Zenssee.
Von Wilmersdorf nach Lychen
Seit 2004 organisiert das Reisebüro der Fürst Donnersmarck-Stiftung jährlich einen Tagesausflug mit Floßfahrt in Lychen. Auch in diesem Jahr machten sich insgesamt 14 Reisende vom Reisebüro in der Blissestraße (Berlin-Wilmersdorf) aus auf den Weg Richtung Naturpark Uckermärkische Seen. Das Verhältnis zwischen floßerprobten Wiederholungstätern und grünschnäbeligen Landratten ist dieses Mal ausgeglichen. Gespannt und voller Vorfreude sind aber aller gleichermaßen.
Mit einem umgebauten Bus der Wagenklasse Sprinter soll die Reise pünktlich um 09:30 beginnen. Um kurz vor 09:00 zweifelt Reiseleiterin Ines Voll kurz, ob die Gruppe pünktlich auf der Straße sein wird. Der Grund: Es ist ein E-Rollstuhl mehr dabei als ursprünglich geplant – angemeldet war stattdessen ein Falt-Rollstuhl, der im Bus aufgrund seiner Größe weniger Platz beansprucht hätte. Für den erfahrenen Fahrer John ist das allerdings eine Leichtigkeit. Es wird kurzerhand der Sitzplan angepasst, etwas näher zusammengerückt und um kurz vor halb Zehn sitzen dann doch alle im Bus. Pünktlich brechen wir zu unserer Floßfahrt in Lychen auf.
Ausstieg am Oberpfuhl See: Ein absoluter Augenschmaus
In Lychen angekommen wird schnell klar, warum dieser Ausflug sich schon zum 15. Mal jährt und wieso einige immer wieder dabei sind. Hier gibt es Natur pur zu bestaunen. Der See breitet sich vor uns aus, geht in grüne Wälder über und wird dann wieder von blauem Himmel abgelöst. Drumherum tobt das Leben: diverse Vogelarten, jede Menge Fische und Insekten tummeln sich in und um den See herum. Bei diesem Anblick muss jeder vermutlich erst einmal einen Moment innehalten.
Nachdem alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Bus gestiegen sind, geht es auch schon los in Richtung der Flöße. Die drei Flöße des Unternehmens Treibholz sind an der Anlegestelle aneinander festgebunden und bereit für Ausflüge mit großen und kleinen Reisegruppen. Damit auch alle Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer vom Steg aus bis hin zum äußersten Floß kommen, sind Rampen ausgelegt. Wenn nötig wird auch individuell geholfen und unterstützt.
Unsere Floßfahrt in Lychen beginnt
Das Schönste an unserer Floßfahrt auf den Seen um Lychen herum ist, dass es wirklich sehr angenehm und sanft vorangeht. Der See ist, verglichen mit dem Meer oder fließenden Gewässern, eben ganz ruhig. Wir lassen uns zunächst einmal einzig und allein vom Wind treiben. Vermutlich ein etwas anderes Erlebnis als die Floßfahrt auf der Elbe, von der die Rosenbergers neulich für uns berichtet haben.
Von der Anlegestelle aus treiben wir also ganz gemächlich los. Ein erstes Highlight, bei dem sich keiner das Schmunzeln verkneifen kann ist das Wasserballett. Ein Kunstwerk mitten auf dem See. Fünf Beine ragen aus dem Wasser hervor und man stellt sich zunächst die Frage, wann diese Schwimmenden wohl auftauchen. Vom Oberpfuhl See aus geht es schließlich weiter auf den Zenssee, der durch seinen länglichen Verlauf beinahe wie ein Fluss wirkt. Und immer wieder diese wunderschöne Natur.
Kühle Brise, warmes Gulasch und viel Geschichte
Nach einer Weile auf dem See packen nach und nach alle die Decken aus, weil die Kleidung heute nicht warm genug ist. Das Thermometer zeigt schließlich gerade einmal 16°C. Aber wer hätte vorher schon gedacht: „Anfang Juli, bei unserer Floßfahrt in Lychen, da werden wir bestimmt frieren.“ Schlechtes Wetter und kühler Wind reichen jedoch nicht aus, um irgendwem die Laune zu verderben. Für Stärkung und etwas Wärme sorgt dann schließlich auch noch das Kesselgulasch, das unser Flößer auf offener Flamme für alle warm macht. Der Topf war ratzfatz leer und einige der Lychen-Veteranen schwärmten mit einem Augenzwinkern von Zeiten, in denen es mehr Gulasch gab.
Woran es jedenfalls nicht mangelt sind interessante Geschichten und witzigen Anekdoten! Unser Flößer ist nämlich ein waschechter Sohn der Uckermarck und erfahrener Fischersmann! Neben Historischem zu der Region und ihrer Seen, erfährt die Reisegruppe deshalb vor allem viel Interessantes über das Handwerk der Fischerei, ihre Geschichte in Lychen und sehr persönliche Anekdoten aus vergangenen Tagen. Langeweile kommt da ganz sicher nicht auf.
Ein schöner Ausflug geht zu Ende
Nach etwa eineinhalb Stunden des Treiben-Lassens und interessanter Geschichten wendet unser Floß und tritt (mit Unterstützung des Motors an Bord) den Rückweg an. Genau richtig, denn langsam ist doch allen anzumerken, dass es für Juli einfach viel zu kalt ist. Auf dem Weg zurück wird es noch einmal viel ruhiger und beinahe besinnlich. Fast so als wolle jeder noch einmal möglichst viel Natur aufsaugen, mit nach Hause nehmen und möglichst lange konservieren. Aber das ist ja gar nicht nötig. Spätestens nächstes Jahr bricht das Reisebüro der Fürst Donnersmarck-Stiftung nämlich wieder zu einer Floßfahrt auf – wieder nach Lychen.