zur Navigation zum Inhalt
Petra Rosenberger bekommt Hilfe beim Zustieg auf das Floß über die Gangway.

Floßfahrt auf der Elbe: Barrierefreies Abenteuer

Petra und Horst Rosenberger haben Urlaub im Heidehotel Bad Bevensen gemacht und sind von dort aus zu einer Floßfahrt auf der Elbe aufgebrochen. Für mittendrin haben sie dazu diesen Bericht geschrieben.

Globetrotter im Rollstuhl mit „Rolli-Book“

Wir sind Globetrotter im Rollstuhl, d.h. wir reisen trotz unseres Handicaps in viele Länder der Welt. Über unsere Reiseerlebnisse erstellen wir Multimedia- Shows, die wir regelmäßig präsentieren. Damit wollen wir anderen Menschen Mut machen und zeigen, dass mit dem Rolli noch vieles geht.

Doch auch in Deutschland sind wir gern unterwegs und haben viel Sehenswertes entdeckt und Spannendes erlebt. So waren wir schon mehrmals in die Lüneburger Heide. Diese Gegend begeistert uns zu jeder Jahreszeit und wir fanden hier wunderbare, barrierefreie Ausflugsziele.

Petra Rosenberger steht mit ihrem Rollstuhl auf dem Floß und winkt den Passagieren eines vorbeifahrenden Passagierschiffes.
Gemütlich geht es voran bei der Floßfahrt auf der Elbe. Foto: Rosenberger

Bei einem unserer Urlaubsaufenthalte im Heidehotel Bad Bevensen entstand gemeinsam mit dem Hotel-Management die Idee, ein Rolli-Book zu erstellen. Denn obwohl sich in Hinblick auf barrierefreies Reisen vieles verbessert hat, sind entsprechende Informationen auf den jeweiligen Websites der Ausflugsziele nur schwer zu finden oder einfach unzureichend. Zudem hat jede Person mit einer Behinderung seine ganz persönliche Mobilitätseinschränkung und benutzt zum Ausgleich unterschiedlichste technische Hilfsmittel.

Deshalb besteht das Rolli-Book aus zwei Teilen. Zum einen aus einem Übersichtsblatt mit allgemeinen Informationen und Fotos, dazu Hinweise zu Parkplätzen und Rolli-Toiletten, zum anderen aus einem Videoclip. In diesem werden die Gegebenheiten vor Ort gezeigt, vor allem aber ist der Zustand der Wege erkennbar. So ist beispielsweise Kopfsteinpflaster für manche zwar schwieriger zu bewältigen, aber machbar, für andere jedoch ein unüberwindliches Hindernis. Das Rolli-Book kann so für die Gäste des Heidehotels eine Entscheidungshilfe sein.

Bei der Suche nach interessanten Ausflugszielen für dieses Rolli-Book wurden wir auf eine Floßfahrt auf der Elbe aufmerksam.

Floßfahrt auf der Elbe – barrierefrei

Floßfahrt! Das klang nach Abenteuer und erinnerte uns an die Geschichten von Huckleberry Finn. Wie toll wäre das denn: Wenn wir, wie er, gemächlich auf dem Floß den Strom entlang schippern würden. Doch dann die gedankliche Ernüchterung: „Hmm, mit dem Rollstuhl wird das wahrscheinlich kaum machbar sein.“ Also mailten wir vorsichtshalber eine Anfrage an die auf der Website angegebene E-Mail-Adresse. Schon am nächsten Tag kam die Antwort, dass die Floßfahrt prinzipiell auch mit dem Rollstuhl möglich sei. Das wollten wir genauer wissen und vereinbarten eine Besichtigung mit einer Probefahrt.

Der Ort Darchau an der Elbe ist der Ausgangspunkt unserer einmaligen Floßfahrt. Mit unserem Auto fuhren wir vom Heidehotel Bad Bevensen die etwa 35 Kilometer nach Neu-Darchau zur Elbfähre. Nach wenigen Minuten Wartezeit kam bereits die Fähre und wir setzten nach Darchau über.

Der Weg zum Floß „ Dolores“

Die Flöße sollten sich unweit der Anlegestelle der Fähre befinden, nur eine Buhne weiter. Wir blickten uns um, konnten sie aber nicht entdecken. Langsam fuhren wir weiter. Als die Strasse nach links von der Elbe wegführte, sahen wir rechts einen mit Kopfstein gepflasterten Weg, dem wir ein kleines Stück folgten. Unsere Intuition war richtig, denn plötzlich erblickten wir die Flöße, die wegen des Niedrigwassers der Elbe weit unterhalb der Uferböschung lagen. 5 unterschiedlich große, von Hand aus Holz gezimmerte Flöße dümpelten angeleint an einem schwimmenden Steg, mit dem Ufer durch eine Gangway verbunden. Mit dem Pegelstand des Wassers der Elbe hebt und senkt sich das ganze.

Drei Floße sind nebeneinander angebunden. Ganz rechts ist das Schild mit der Aufschrift Dolores am Floß zu erkennen.
Die Gangway zum Floß Dolores. Foto: Rosenberger

Ein Floß, die „Dolores“, liegt direkt in der Verlängerung der Gangway und ist damit gut mit dem Rollstuhl erreichbar. Die Neigung der Gangway war wegen des niedrigen Wasserstandes schon recht steil. Horst war mutig und bewältigte die abschüssige Rampe Dank der Motorkraft seines Elektrozuggerätes problemlos. Petra entschied sich, lieber die Hilfe des Kapitäns anzunehmen und ließ sich rückwärts die Gangway hinunter bringen. Nun war nur noch ein kleiner Spalt zu überwinden und schon waren wir auf dem Floß. Uns wurde versichert, dass die Crew immer beim Einsteigen behilflich ist. Das Floß ist sehr geräumig, so dass bis zu 14 Personen darauf Platz finden, davon bis zu sechs Rollis. Eine geräumige Toilette ist auch an Bord. Wir haben angeregt, an den Seiten Haltegriffe anzubringen und vorn einen Vorhang, da sich die Tür nicht schließen lässt, wenn der Rollstuhl darin steht.

Die Floßfahrt auf der Elbe beginnt

Leinen los! Langsam lösten wir uns vom Steg und fuhren aus der Buhne hinaus auf die Elbe. Wir schipperten nun eine Stunde lang mit Dolores stromaufwärts und genossen die romantische Elbaue vom Wasser aus. Langsam schoben wir uns an den Buhnen vorbei. Keine dröhnenden und röhrenden Kraftstoffmotoren störten die Ruhe und das Vogelgezwitscher, sondern drei sirrende Elektromotoren, gespeist von Sonnenkollektoren auf dem Dach des Floßes, trieben es an. Unberührte Landschaften, Marschhufen-Dörfer, in der Ferne ein Wachturm am ehemaligen deutsch- deutschen Grenzstreifen glitten an uns vorbei. Wir konnten Störche, Reiher und andere Wasservögel beobachten. Alles verlief so langsam und gemütlich. Wir überlegten, dass ein Picknick aus mitgebrachten Speisen und Getränken die Fahrt noch abrunden könnte. Und tatsächlich erzählte uns der Skipper, dass einige Gruppen das auch machen. Andere genießen die Fahrt und fahren dann in ein idyllisches Café im nahegelegenen Dorf Konau.

Vorne ist die Elbe zu sehen, im Hintergrund Gras und Bäume sowie ein alter Grenzwachturm.
Auch bei trübem Wetter interessant: Ehemaliger Wachturm der innerdeutschen Grenze. Foto: Rosenberger

Ab und zu fuhr ein Schiff der weißen Flotte oder ein Motorboot vorbei. Auch dann merkten wir, dass etwas anders war. Denn so ein Floß hat keinen Kiel und schneidet somit auch nicht schnittig durch das Wasser, sondern schwimmt wie ein Korken auf der Oberfläche. Deshalb lenkte der Skipper dann das Floß schräg in die Wellen, die die Bootsmotoren der vorbeifahrenden Schiffe hinter sich herzogen, damit Dolores nicht so schaukelt. Insgesamt hatten wir während der Tour ein ganz anderes Fahrgefühl als sonst, langsam gleitend, ganz nahe dem Wasser, irgendwie schien die Zeit fast still zu stehen.

Stromabwärts durch den Biberbau

Nach einer Stunde wendeten wir, nun wurde Dolores deutlich schneller. Jedoch nicht, weil wir zügiger fuhren, sondern weil es stromabwärts ging. Als wir uns der Anlegestelle näherten, bedeutete uns der Skipper leise zu sein und Ausschau zu halten. Gleich gegenüber dem Steg hat nämlich ein Biber seinen Bau angelegt. Überall lagen abgenagte Äste. Doch leider fing es an zu nieseln, so dass sich Herr Biber wohl lieber ins Trockene zurückgezogen hatte.

Rückblickend war es ein wunderbares Erlebnis, um die Natur einmal ganz anders wahrzunehmen und tatsächlich spürten wir auch ein bisschen Abenteuer.

Luftaufnahme der Anlegestelle der Flöße.
Die Floßanlegestelle in Darchau: Start- und Endpunkt des Abenteuers auf der Elbe. Foto: Rosenberger

Wir haben unsere Erfahrungen bei der Floßfahrt auf der Elbe in das Rolli-Book aufgenommen. Auch, wenn vielleicht nicht alles für jeden so ganz perfekt rollstuhlgerecht ist, erwartet den Gast mit ein bisschen Kompromissbereitschaft eine einzigartige Ausfahrt.

Petra und Horst Rosenberger

„Rolli-Book“ zur Rehacare

Das besagte „Rolli-Book“ mit unterschiedlichen barrrierearmen Ausflugszielen in und um die Lüneburger Heide wird pünktlich zur diesjährigen Rehacare erscheinen.