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Blick auf den Hermannplatz im Norden von Neukölln.

Die Beauftragten: Interview mit Katharina Smaldino | Neukölln

In unserer Reihe „Die Beauftragten“ wollen wir nach und nach mit den Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen aus allen Berliner Bezirken sprechen. Heute sprechen wir mit Katharina Smaldino, die seit 2002 das Amt der Beauftragten für Menschen mit Behinderungen im Bezirk Neukölln bekleidet.

Seit über 20 Jahren im Amt: Katharina Smaldino

Wie war Ihr persönlicher Weg in das Amt der Bezirksbeauftragten? Was hat Sie an diesem Amt gereizt und was haben Sie vor dieser Funktion gemacht?

Katharina Smaldino: Das ist eine lustige Geschichte. Bevor ich Bezirksbeauftragte geworden bin, habe ich als Sozialarbeiterin in einer Beratungsstelle im Bezirk Neukölln gearbeitet. 2001 hat mich der damalige Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky überraschend gefragt, ob ich dieses neu geschaffene Amt übernehmen möchte. Ich habe zugesagt und wurde 2002 von der Bezirksverordnetenversammlung gewählt.

Damit war ich die erste hauptamtliche Bezirksbeauftragte in Berlin und musste meine Rolle völlig neu „erfinden“. Die nächsten zwei Jahre waren für mich daher eine Such- und Orientierungszeit, in der ich viele Briefe geschrieben, mich mit externen Partnerinnen und Partnern vernetzt und einfach erstmal grundlegende Strukturen geschaffen habe. Das scheint aber ganz gut geklappt zu haben.  Denn 2007 wurde ich von der BVV dauerhaft in meinem Amt bestätigt.

Foto von Katharina Smaldino
Katharina Smaldino

Welche Rolle und Aufgaben haben Sie im Bezirk?

Katharina Smaldino: Gerade zu Beginn meiner Tätigkeit war es mir ein großes Anliegen, die Fachabteilungen des Bezirks wie etwa das Bauamt oder das Tiefbauamt ins Boot zu holen, um gemeinsam mehr Barrierefreiheit zu erreichen. Auch das Thema Denkmalschutz ist in Neukölln wichtig und steht immer wieder in einem Spannungsverhältnis zur Barrierefreiheit. Mittlerweile ist es aber so, dass ich die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr von der Bedeutung der Barrierefreiheit überzeugen muss und wir gemeinsam an einem Strang ziehen.

Allgemein habe ich den Vorteil, dass ich aufgrund meiner langen Tätigkeit im Bezirksamt sehr gut im Haus vernetzt bin. Das hilft, wenn man konkrete Anliegen hat.

Darüber hinaus bin ich in der Stabsstelle „Dialog und Zukunft“ eingebunden. Dabei geht es um die Förderung von Bürgerbeteiligung sowie des ehrenamtlichen Engagements vor Ort im Bezirk. Hier versuche ich, ein Bewusstsein für die Bedeutung von Barrierefreiheit zu schaffen und auch, bei der Einwerbung von Fördermitteln zu unterstützen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Projekt „Zukunft Stadtgrün – Die Gropiusstadt bewegt“, für das ich etwa 13 Millionen Euro für die Umsetzung von 18 Maßnahmen einwerben konnte. Diese Maßnahmenbetreffen dann nicht nur Barrierefreiheit, sondern auch andere Aspekte, die den Kiez lebenswerter machen. Mein Ziel ist es, inklusive und barrierefreie Projekte umzusetzen, durch die der gesamte Bezirk aufgewertet wird. Das hilft dann oft auch bei der Akzeptanz meiner Maßnahmen.

Die UN-Behindertenrechtskonvention im Bezirk umsetzen

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Vorhaben in Neukölln?

Katharina Smaldino: Eine wichtige Aufgabe ist die Implementierung des Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Bezirk. Dieser Aktionsplan wird auch in meiner Stabsstelle angesiedelt.

Darüber hinaus ist es für mich immer wichtig, meine Projekte dauerhaft zu finanzieren und dafür Drittmittel einzuwerben. Ich bin keine Freundin davon, Projekte nur anzustoßen und dann bei einer fehlenden Finanzierung wieder einstellen zu müssen. Daher bemühe ich mich immer um eine Dauerfinanzierung.

Von wem erhalten Sie denn die wichtigste Unterstützung bei Ihren Themen?

Katharina Smaldino: Ich habe von Beginn meiner Tätigkeit an immer eine große Unterstützung durch die jeweiligen Bezirksbürgermeister erhalten, die mir immer sehr geholfen haben. Innerhalb des Bezirksamts arbeite ich zudem mit allen Abteilungen sehr gut zusammen. Das liegt auch daran, dass ich immer versuche, gemeinsam mit den Abteilungen nach Lösungen zu suchen und eben auch die Finanzierung nicht aus den Augen zu verlieren. Nicht zuletzt werde ich bei den Drittmittelprojekten sehr gut von unserer Europabeauftragten unterstützt.

Wie gestaltet sich in Ihrem Bezirk die Zusammenarbeit mit dem Behindertenbeirat?

Katharina Smaldino: Aktuell haben wir im Bezirk leider keinen Beirat. Ich arbeite aber an einer neuen Geschäftsordnung und einer grundlegend neuen Struktur des Beirates. Denn der Beirat für Menschen mit Behinderung in Neukölln hatte von Anfang an das Problem, dass ich als Bezirksbeauftragte gleichzeitig auch Vorsitzende des Beirates war. Das war schwierig, weil der Beirat ja gerade die Beauftragte unterstützen, aber auch ein Stück weit kontrollieren soll. Wir wollen aber noch in diesem Jahr einen neuen Beirat konstituieren, der dann mit einer neuen Geschäftsordnung wieder aktiv werden kann.

Viele große Herausforderungen sind von Land und Bezirken gemeinsam zu meistern

Mit welchen Anliegen kommen Menschen in Ihrem Bezirk typischerweise zu Ihnen?

Katharina Smaldino: Wohnung, Wohnung, Wohnung – der fehlende barrierefreie Wohnraum im Bezirk ist das größte Problem, das an mich herangetragen wird. Danach kommen Fragen zur Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, Vorfälle in der BVG oder im öffentlichen Personennahverkehr sowie Fragen zum Thema Denkmalschutz und Barrierefreiheit.

Was ist Ihre Vision für einen inklusiven Bezirk Neukölln?

Katharina Smaldino: Mein größter Wunsch wäre, dass es uns gelingt, den Übergang von der Schule in den ersten Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung besser und einfacher zu gestalten. Das ist aus meiner Sicht der wirksamste Hebel für mehr Inklusion. Dafür  müssen wir  einerseits unser Bildungswesen grundsätzlich überdenken, brauchen aber andererseits auch mehr Personal vor Ort in den Schulen. Hier müssen aber auch entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das ist eine Aufgabe des Landes und kann nicht von den Bezirken alleine gestemmt werden.

Vielen Dank für das Gespräch!