IDM 2020: Hochleistungen in Pandemiezeiten
Vom 15. bis zum 18. Oktober fand in diesem Jahr die IDM 2020 – die 34. Internationalen Deutsche Meisterschaften im Para-Schwimmen – statt. Über diese Para-Sport-Veranstaltung in Pandemiezeiten sprachen wir für mittendrin mit dem sportlichen Leiter Matthias Ulm.
Die Besonderheiten der IDM 2020
Sehr geehrter Herr Ulm, wie viele Sportlerinnen und Sportler aus wie viel Nationen nahmen in diesem Jahr an den IDM teil?
Matthias Ulm: Wir hatten jetzt etwa 125 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 11 Nationen.
Wie viele wären es normalerweise gewesen?
Matthias Ulm: Normalerweise sind bei der IDM über 500 Schwimmer aus 40 bis 50 Nationen am Start. Das ist schon ein sehr, sehr deutlicher Einschnitt.
Ein aufwendiges Hygiene- und Schutzkonzept für die IDM 2020
Welche besonderen Auflagen mussten Sie für die Durchführung der IDM 2020 berücksichtigen?
Matthias Ulm: Wir haben ein sehr detailliertes Hygienekonzept ausgearbeitet, um die Sportlerinnen und Sportler bestmöglich zu schützen. Denn viele von ihnen gehören auch zu den besonders gefährdeten Personengruppen, für die wir eine Verantwortung haben.
Es gab beispielsweise die klare Regelung, dass nur akkreditierte Personen die Halle betreten dürfen. Wir hatten ein elektronisches Einlasssystem und führten bei jedem Eintritt nochmal eine Symptomevaluation durch. Das heißt, dass wir bei Jedem Fieber gemessen und überprüft haben, ob die Personen Symptome haben. Zusätzlich mussten alle Personen aus Risikogebieten negative Covid-19-Tests vorlegen, die höchstens 48 Stunden alt sein durfte. Andernfalls hätten sie keine Akkreditierung bekommen.
In der Halle selbst haben wir ein Einbahnstraßensystem eingeführt, um die Möglichkeiten zu minimieren, sich zu nahe zu kommen. Es gab für alle anwesenden Personen eine Maskenpflicht in der Halle. Die einzige Ausnahme waren die Athletinnen und Athleten während des aktiven Wettkampfes und dem Ein- oder Ausschwimmen. Selbst, wenn sie sich am Rand erwärmt haben, mussten sie eine Maske tragen.
Des Weiteren war es so, dass wir von vorneherein die Teilnehmerzahl begrenzt hatten. Als letzte wichtige Maßnahme hatten wir einen hauptverantwortlichen Hygieneverantwortlichen benannt, der auch klare Durchgriffsrechte hatte. Wenn sich jemand nicht an die Hygienerichtlinien gehalten hätte, hätte die betroffene Person auch der Halle verwiesen werden können. Das ist aber nicht vorgekommen.
Das waren schon sehr umfangreiche Maßnahmen, die dann auch letzten Endes dazu führten, dass viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichteten, dass sie sich sehr, sehr sicher gefühlt haben. So soll es dann ja auch sein.
Wettkämpfe als Meilensteine für Sportlerinnen und Sportler
Wie haben Sie sich persönlich auf diese besondere Veranstaltung vorbereitet?
Matthias Ulm: Ich bin ja hauptamtlicher Schwimmtrainer und betreue die Nachwuchsathleten in Berlin, die sich gerade auf den Weg in die nationale oder internationale Spitze machen. Deswegen war es für mich ein sehr großes Anliegen, diesen Athletinnen und Athleten diesen Wettkampf zu ermöglichen. Es ist einfach sehr, sehr schwierig, wenn man zurzeit nur trainieren kann. Da wissen die Athletinnen und Athleten dann irgendwann gar nicht mehr, wofür sie das machen und wo sie gerade auf ihrem Weg stehen.
Gerade bei jüngeren Athleten sind diese Zwischenschritte sehr wichtig. Das Strahlen in den Augen der Teilnehmer hat mir dann auch gezeigt, dass wir mit der Veranstaltung alles richtiggemacht haben.
Viele Sportlerinnen und Sportler berichten ja, wie wichtig es für sie ist, wieder an Wettkämpfen teilnehmen zu können, selbst wenn sie ohne Zuschauer stattfinden müssen.
Matthias Ulm: Ich habe dafür ein sehr gutes Gleichnis: Stellen Sie sich einfach vor, dass Sie auf eine lange Reise gehen wollen. Währenddessen stellen Sie fest, dass es keinerlei Hinweisschilder, keine Entfernungsangaben oder Hinweise auf Ihren Standort gibt. Sie haben darüber hinaus Schwierigkeiten, ein Gasthaus oder eine Unterkunft zu finden. Genau in dieser Situation sind unsere Sportler aktuell, wenn sie die ganze Zeit trainieren, ohne irgendwann mal an einem Wettkampf teilnehmen zu können. Das ist eine ganz schwierige Geschichte. Man weiß überhaupt nicht, ob man auf dem richtigen Weg ist, wie es einem geht und wofür man das alles überhaupt macht. Dann geht dann eine ganze Menge Motivation verloren.
Herausragende sportliche Leistungen
Wie zufrieden waren Sie vor diesem Hintergrund mit den sportlichen Leistungen auf der IDM?
Matthias Ulm: Über alle Maße. Die Leistungen waren wirklich großartig. Das hatte sicherlich auch damit zu tun, dass die Sportler alle mit voller Kraft in die Wettkämpfe reingegangen sind. Wir sind wirklich rundum zufrieden. Mit den Leistungen unserer Sportler sind wir extrem zufrieden, aber auch alle anderen Teilnehmer haben sehr häufig persönliche Bestzeiten abgeliefert oder sich im absoluten Bestzeitenbereich befunden. Das hatten wir so nicht ganz erwartet, freut uns aber natürlich umso mehr.
Das ist tatsächlich eine Überraschung, da doch häufig auch darüber berichtet wurde, dass Sportlerinnen und Sportler nicht mehr so intensiv trainieren konnten wie vor der Pandemie.
Matthias Ulm: Das muss man etwas unterscheiden. Es gab natürlich Phasen im harten Lockdown, in denen das Training eingeschränkt war. Aber speziell für unsere Topathleten hatten wir, zumindest in Berlin, durchgängig Trainingsmöglichkeiten. Die Landeskader sind dann in den Sommerferien teilweise schon wieder dazugekommen. Verglichen mit dem Rest der Welt hatten wir also recht gute Trainingsbedingungen – auch natürlich verglichen mit dem, was im Breitensport möglich war.
Darüber hinaus hatten wir als Trainer natürlich auch die Verantwortung, insbesondere während des Lockdowns, den Sportlern auch ein Onlinetraining anzubieten. Wenn man nämlich direkt aus dem vollen Training rausgeht, riskiert man ebenfalls gesundheitliche Schäden in einem Ausmaß, die bis hin zu angegriffenen inneren Organen reichen können. Das darf natürlich auch nicht sein.
Die IDM 2020: Ein Testballon für weitere Para-Sportveranstaltungen
Wie zufrieden waren Sie denn mit der medialen Berichterstattung über die IDM?
Matthias Ulm: Wir waren zwei Mal im Morgenmagazin, der RBB hat über uns berichtet und unseren Livestream haben sehr viele Menschen, auch international, angesehen. Gerade unter den gegebenen Bedingungen können wir also schon sehr zufrieden sein.
Könnte die IDM 2020 aus Ihrer Sicht ein Testballon für weitere Para-Sportveranstaltungen in der Pandemie sein?
Matthias Ulm: Ich hoffe es. Mehr kann ich eigentlich dazu gar nicht sagen. Ich denke, wir haben unter den gegebenen Voraussetzungen gezeigt, dass es möglich ist, eine Veranstaltung unter Pandemie-Bedingungen durchzuführen. Es wäre großartig, wenn man zusätzlich noch die Möglichkeit eines Schnelltests hätte. Denn dann hätte man bei potentiellen Verdachtsfällen zusätzlich die Möglichkeit, zu überprüfen, ob die Person wirklich infektiös ist. Letzten Endes möchten wir natürlich möglichst viele dieser Athletinnen und Athleten auch in den kommenden Jahren weiter dabeihaben. Deswegen müssen wir natürlich möglichst alle gesund bleiben.
Die Fürst Donnersmarck-Stiftung unterstützt und begleitet die IDM schon seit langer Zeit. Auch im letzten Jahr erschienen zwei Beiträge zu dieser hochklassigen Sportveranstaltung.