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Besuch aus Helvetia: Austausch mit dem Solothurnischen Zentrum Oberwald

Anfang Oktober fand in Berlin ein länderübergreifender Fachaustausch zwischen Kolleginnen und Kollegen aus Berlin und der Schweiz statt. Das Solothurnische Zentrum Oberwald besuchte die Fürst Donnersmarck-Stiftung (FDST), um sich vor Ort die Einrichtungen der Stiftung anzusehen. Initiiert wurde der Austausch von der Geschäftsführerin des Zentrums Oberwald, Katrin Fischer. Wir haben Katrin Fischer am Ende ihres Aufenthaltes ein paar Fragen gestellt.

Katrin Fischer vom Solothurnischen Zentrum Oberwald sitzt auf einer Bank vor der Villa Donnersmarck
Katrin Fischer, Geschäftsführerin des Solothurnischen Zentrums Oberwald

Das Solothurnische Zentrum Oberwald

Das Solothurnische Zentrum Oberwald ist an drei Standorten im Mittelland der Deutschschweiz tätig. Ihre Wohn- und Tagesangebote sowie eine Werkstätte richten sich an Menschen mit leichten bis schweren Beeinträchtigungen als Folge von angeborenen und erworbenen Schädigungen, Erkrankungen und Unfällen. Die Klientinnen und Klienten sind zwischen 0 und ca. 65 Jahre alt. 200 Mitarbeitende mit pflegerischer oder (päd)agogischer Ausbildung sind für insgesamt 92 Klientinnen und Klienten des Zentrums zuständig.

Bevor Katrin Fischer vor rund zehn Jahren in die Schweiz übersiedelte, war sie Mitarbeiterin der FDST und maßgeblich an der Konzeption und Entwicklung des Wohnen mit Intensivbetreuung (WmI) beteiligt.

In 3 Tagen durch Berlin und nach Rheinsberg

Anfang Oktober kam sie mit rund zwanzig Kolleginnen und Kollegen sowie mit Vertretern des Stiftungsrates nach Berlin. Die Gruppe absolvierte ein dichtgepacktes Besuchsprogramm. Sie machte Station in der Villa Donnersmarck, im Seehotel Rheinsberg, im Wohnen mit Intensivbetreuung (WmI), in der Trainings-WG und bei der Nordbahn gGmbH. Zusätzlich erhielten sie einen Überblick über die Stiftungshistorie, erfuhren vom Konzept des P.A.N. Zentrums und des UEvB sowie von der Seniorengruppe des Ambulant Betreuten Wohnens.

Interview mit Katrin Fischer

Liebe Frau Fischer, was war das Ziel Ihres Besuches?

Katrin Fischer: Wir kamen mit dem Ziel, uns Anregungen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) zu holen. Wir wollten sehen, wie andere Organisationen mit der Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen umgehen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Reise kommen aus verschiedenen Bereichen unserer Organisation und haben unterschiedliche berufliche Hintergründe. Die Idee war es deswegen, dass sie die Informationen und Eindrücke in ihre Teams weitertragen.

In der Schweiz wurde die Konvention im Jahr 2014 ratifiziert und das Thema UN-BRK nimmt nun immer mehr Fahrt auf. Wir beschäftigen uns seit einer Weile ganz intensiv damit, wie wir gerade auch Menschen mit schweren Beeinträchtigungen bei der Teilhabe unterstützen können.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Solothurnischen Zentrum Oberwald und der FDST

Wo liegen Ihrem Eindruck nach entscheidende Unterschiede in der Arbeit Ihrer Organisation und der FDST?

Katrin Fischer: Die Gesetzeslage und das Finanzierungssystem sind natürlich sehr unterschiedlich. Eigentlich sind sie gar nicht vergleichbar. Der Stand der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention ist bei uns außerdem noch weniger fortgeschritten. Mir ist im Vergleich auch bewusst geworden, dass die Stiftung bereits vor der Ratifizierung der UN-BRK durch Deutschland im Jahr 2009 an konkreten Konzepten dazu gearbeitet und früh sehr innovativ agiert hat.

Sind Ihnen auch Gemeinsamkeiten aufgefallen?

Katrin Fischer: Wir hatten Gelegenheit, mit einigen Betreuungspersonen direkt ins Gespräch zu kommen. Dabei wurde deutlich, dass in der konkreten Arbeit die Herausforderungen an vielen Stellen vergleichbar sind. Das betrifft beispielsweise die Zusammenarbeit mit Angehörigen und gesetzlichen Vertreterinnen und Vertretern. Wir sind in der Schweiz auch vom Fachkräftemangel betroffen: Stichwort Pflegenotstand.

Eine Gemeinsamkeit ist natürlich das Ziel, den Menschen mit Beeinträchtigungen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Es geht darum immer mehr von dem Konzept der Heimunterbringung wegzugehen bzw. Heime aus ihren allzu starren Strukturen zu lösen.

Besondere Eindrücke

Gibt es etwas, was Sie besonders beeindruckt hat?

Katrin Fischer: Ja! Zum Beispiel stellten uns Klientinnen und Klienten zusammen mit einer Mitarbeiterin das WmI Seelbuschring vor. Das war ein äußerst wertschätzender und selbstbestimmter Austausch. Im WmI in der „Alten Mälzerei“ in Pankow durften wir Klientinnen und Klienten in ihren Wohnungen besuchen und ein Resümee der letzten zehn Jahre seit Eröffnung erfahren.

Das Zentrum Oberwald auf Besuch im WmI
Eine Mieterin zeigt Besucherinnen ihr Appartement im WmI Pankow

In der Nordbahn gGmBH hat mich beeindruckt, mit wie viel Kreativität dafür gesorgt wird, dass auch Menschen mit schweren Beeinträchtigungen an den Arbeitsprozessen teilhaben können. Es war spürbar, dass das Team dort den Mut und ein hohes Engagement hat, diesen Menschen etwas zuzutrauen.

Ein Mitarbeiter der Nordbahn erklärt Mitarbeitern aus dem Zentrum Oberwald seine Arbeit.
Besichtigung der Werkstätten in der Nordbahn gGmbH

Die Eroberung des Sozialraums in Berlin und im Umland fand ich sehr spannend und eindrücklich. Sei es im Seehotel Rheinsberg oder in den diversen Angeboten der Stiftung. Denn strukturelle und inhaltliche Veränderungen im Sozialraum, die Menschen mit einer Beeinträchtigung Teilhabe ermöglichen, sind nur möglich wenn sie dort leben oder ihre Freizeit verbringen.

Abschließende Gedanken

Was ist Ihr Resümee des Besuches?

Katrin Fischer: Wir sind sehr dankbar, dass uns die FDST diese Einblicke ermöglicht hat. Das Solothurnische Zentrum Oberwald steht gerade an einem Punkt, an dem wir sehr viel strategisch und operativ verändern möchten. Es hilft uns, die Eindrücke, die wir gewonnen haben, in unsere Prozesse miteinzubeziehen. Persönlich fühle ich mich auch immer noch ein Stück weit mit der Stiftung verbunden und würde mich deswegen sehr über einen Gegenbesuch von Stiftungsmitarbeitenden freuen.

Großen Dank an allen Beteiligten, die das für uns möglich gemacht haben.

Liebe Frau Fischer, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Eine Gruppe von Frauen und Männern steht auf einer Wiese vor einem Haus und posiert für einen Fotografen. Es handelt sich um Mitarbeiter der Stiftung und des Zentrum Oberwald.
Gruppenbild zum Abschied