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Das P.A.N. Zentrum aus der Luft fotografiert.

Wernicke-Korsakow-Syndrom: Case Report über Reha-Erfolg

Das Konzept des P.A.N. Zentrums trägt maßgeblich zu den großen Rehabilitationserfolgen des Hauses bei und führt zu der hohen Anzahl von Personen, die nach der Reha in einer ambulanten Wohnform leben können. Doch woran lässt sich diese Besonderheit eigentlich festmachen? Und wie können wir diese Besonderheiten gut beschreiben? Eine Möglichkeit hat die Forschungsabteilung der Stiftung jüngst beschritten und einen „Case Report“, über einen Patienten mit Wernicke-Korsakow-Syndrom, in der Open-Access-Zeitschrift „Frontiers in Psychology“ veröffentlicht.

Disclaimer: Die dargestellte Behandlung des Patienten mit Wernicke-Korsakow-Syndroms erfolgte im Rahmen eines Pilotprojekts des P.A.N. Zentrums. In der Zwischenzeit haben wir unser Angebot auf andere erworbene Hirnschädigungen wie Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma fokussiert. Daher können wir Patientinnen und Patienten mit dem Wernicke-Korsakow-Syndrom nicht mehr aufnehmen und behandeln.

„Case Reports“ sind – im Gegensatz zu großen, in der Regel quantitativ aufbereiteten und evidenzbasierten Studien – genaue Beschreibungen außergewöhnlicher, medizinischer Einzelfälle, von denen man sich trotz ihrer Einzigartigkeit Erkenntnisse von allgemeinem Interesse erhofft. Da der Beitrag von Mareike Schrader, Prof. Stephan Bamborschke, Ute Lenk und Prof. Annette Sterr auf Englisch erschienen ist, geben wir hier eine kurze Zusammenfassung des Artikels.

Ausgangslage: Die Beschreibung des Rehabilitanden mit Wernicke-Korsakow-Syndrom

Im Zentrum des Berichts steht ein 35-jähriger Rehabilitand, der 2010 ins P.A.N. Zentrum gekommen war. Aufgrund langjährigen Alkoholmissbrauchs hatte sich bei ihm das Wernicke-Korsakow-Syndrom herausgebildet. Dabei handelt es sich um eine neurologische Erkrankung, die zu Gedächtnisverlusten und Orientierungsschwierigkeiten führt. Daneben litt er aufgrund von starkem Rauchen noch unter einer Tabak-Alkohol-Optik-Neuropathie, die anfangs eine starke Sehbehinderung zur Folge hatte.hat.

Wird das Wernicke-Korsakow-Syndrom früh genug erkannt, lässt es sich gut mit Vitamin B1 und Alkoholabstinenz behandeln. Im Falle des Patienten des P.A.N. Zentrums war der Schaden aber bereits so groß, dass er zum Zeitpunkt der Aufnahme in das Haus vollständig auf fremde Hilfe angewiesen war. Er hatte zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere weitere Kliniken durchlaufen und ist dort mit der Standardtherapie behandelt worden. Ein Erfolg stellte sich aber nicht ein.

Die Zeit im P.A.N. Zentrum

Im P.A.N. Zentrum wurde er insgesamt 26 Monate nach dem ganzheitlichen Konzept des Hauses therapiert. Gleichzeitig sorgte insbesondere die psychotherapeutische Begleitung dafür, dass er keinen Rückfall in den Alkoholismus erlebte. Durch genaues Hinsehen, der Förderung von Veränderungen in kleinen Schritten und großer Aufmerksamkeit für die jeweiligen Fortschritte verbesserte sich der Zustand des Rehabilitanden zunehmend. Dabei lernte er, Unterstützungsmechanismen wie externe Erinnerungshilfen zu nutzen und in seinen Alltag zu integrieren. Von besonderer Bedeutung war in diesem Kontext, dass sich die Maßnahmen konkret an den Zielen und Wünschen des Betroffenen orientierten.

So hatte er sich beispielsweise zum Ziel gesetzt, den Kopierer selbstständig zu bedienen. Dies gelang ihm mit Unterstützung durch die Betreuerinnen und Betreuer sowie in seinen Therapien nach und nach – durch schrittweise Verbesserungen, die in einem klinischen Alltag der Akuttherapie gar nicht aufgefallen wären.

Auf diese Weise erarbeitete er sich stückweise seine Selbstständigkeit zurück und konnte schließlich nach dem Aufenthalt im P.A.N. Zentrum in eine betreute Wohngemeinschaft ausziehen.

Sein heutiger Zustand

Der ehemalige Rehabilitand wurde in den Jahren 2015 und 2019 nochmal von der damals betreuenden Psychologin der Stiftung besucht und sein jeweiliger Status überprüft. Erfreulicherweise konnte er seine Selbstständigkeit über die Jahre hinweg nicht nur halten, sondern auch noch verbessern.  

Der Rey-Test zeigt die Fortschritte des Rehabilitanden eindrücklich auf.

Nach einer gewissen Zeit in der Wohngemeinschaft zog er aus und lebt jetzt in einer eigenen Wohnung. Er geht selbstständig zur Arbeit in eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung und sorgt sich liebevoll um einen eigenen Papagei.

Was uns der Case Report lehrt

Der Case Report zeigt an einem Beispiel die Wirksamkeit des P.A.N. Konzeptes bei Betroffenen, bei denen die Standardtherapien zu keiner Verbesserung geführt haben. Der genaue Blick, die langen Behandlungszeiträume sowie die Verschränkung von Therapie, Betreuung und den jeweiligen Zielen der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden trugen letztlich dazu bei, dass der Betroffene heute wieder alleine wohnen kann. Dieses Ergebnis sowie die Verbesserung seiner Fähigkeiten nach dem Aufenthalt im P.A.N. Zentrum legen außerdem die Vermutung nahe, dass das selbstbestimmte, eigenständige Leben in einer eigenen Wohnung hohe Motivationseffekte hatte, die zu dieser Weiterentwicklung führten.

Und so ist der Case Report nur ein kleines Teilchen in dem großen Puzzle „Neurologische Rehabilitation“ – aber es zeigt die Wirkungen und Potentiale dieses Ansatzes eindrücklich auf.

Hier finden Sie den vollständigen Case Report, in Englisch, auf Frontiers in Psychology.