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Das P.A.N. Zentrum von Außen

Mit Spiegel und Roboter zu mehr Lebensqualität bei Hemiparesen

Der technische Fortschritt macht auch vor der klassischen Spiegeltherapie keinen Halt. Eine Studie der Fürst Donnersmarck-Stiftung zeigt, ob ein Spiegel und ein Roboter Menschen mit Hemiparese nach einem Schlaganfall oder einem Schädel-Hirn-Trauma zu einer verbesserten Armfunktion verhelfen können.

Wäsche waschen, Kochen, mit dem Hund spazieren gehen. Nach einem Schlaganfall oder einer anderen neurologischen Einschränkung stehen die Betroffenen vor der Herausforderung, im Alltag wieder selbstständiger zu werden. Eine häufige Folge von Schlaganfällen mit einschneidenden Auswirkungen auf das Alltagsleben ist die sogenannte Halbseitenlähmung (Hemiparese). Dabei handelt es sich um eine unvollständige Lähmung einer Körperhälfte. Das bedeutet, dass bei einer Hemiparese – im Gegensatz zur vollständigen Lähmung einer Körperhälfte (Hemiplegie) – noch Verbesserungen der Motorik erreicht werden können. Das kann zum Beispiel dazu führen, dass die Betroffenen ihre Arme wieder besser einsetzen können, als unmittelbar nach dem Schlaganfall.

Spiegeltherapie in der Armrehabilitation

Dafür ist es aber notwendig, regelmäßig die betroffenen Bereiche zu trainieren. Denn nur durch regelmäßiges Training und viele Wiederholungen können Reorganisationsprozesse im Gehirn stimuliert werden, die zur Verbesserung der Fähigkeiten führen. Eine häufig eingesetzte Maßnahme zur Armrehabilitation bei Hemiparesen ist die Spiegeltherapie. Dabei wird ein Spiegel so in der Körpermitte platziert, dass dieser den betroffenen Arm verdeckt. Die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden können so im Spiegel die Bewegungen ihres nicht-betroffenen Arms beobachten. So hat es den Anschein, als würden sie den betroffenen Arm bewegen. Diese Illusion täuscht das Gehirn und sorgt dafür, dass die durch den Schlaganfall geschädigten Gehirnareale ebenfalls aktiviert werden. Dadurch können die geschädigten Gehirnareale „neu programmiert“ und die Funktionen des Arms verbessert werden.

Es hat sich gezeigt, dass die Wirkung der Spiegeltherapie noch verstärkt werden kann, wenn Therapeutinnen oder Therapeuten zusätzlich die eingeschränkte Hand der Betroffenen mitbewegen. Diese Maßnahme ist jedoch sehr personalintensiv und für die Therapeutinnen und Therapeuten aufwendig. Eine Alternative zu der manuellen Therapie ist daher der Einsatz von Robotik. In einer Studie evaluierte das Forschungsteam der Stiftung die Wirksamkeit des Einsatzes von Robotik bei Hemiparesen im Bereich der Spiegeltherapie. Die Studie wurde mit 24 Betroffenen im P.A.N. Zentrum für Post-Akute Neurorehabilitation der Fürst Donnersmarck-Stiftung durchgeführt, das sich auf die Langzeitrehabilitation von Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen spezialisiert hat.

Spiegeltherapie und Robotik bei Hemiparese

Im Gegensatz zur herkömmlichen Spiegeltherapie bleibt hier der betroffene Arm hinter dem Spiegel nicht bewegungslos, sondern wird von einem Roboter passiv bewegt. Dafür ziehen die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden einen Handschuh über die betroffene Hand, der diese durch elektronisch gesteuerte Zug- und Druckkräfte bewegt. Das Gehirn wird also nicht nur visuell durch die Illusion im Spiegel getäuscht. Der betroffene Arm wird auch wirklich bewegt und erfährt dadurch zusätzliche motorische Reize. Im Ergebnis konnte die Studie zeigen, dass sich die Bewegungsfähigkeit des betroffenen Hand- und Fingerarealsdurch die roboter-gestützte Spiegeltherapie im Vergleich zu herkömmlichen Spiegeltherapie signifikant verbesserte.

Die Teilnehmenden an der Studie berichteten weiterhin von einer höheren Motivation, da sie selbst die Verbesserung der Handfunktion bemerkten. 80 Prozent der Probanden gaben an, dass sie die roboter-gestützte Spiegeltherapie gerne dauerhaft in ihre Rehabilitation integrieren möchten. Wichtig ist jedoch, dass die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden ihre nicht-betroffene Hand möglichst synchron mit der roboter-gestützten Hand bewegen, da es andernfalls zu kognitiven Irritationen kommt. Das erfordert jedoch ein hohes Aufmerksamkeitslevel, um sich gut an die vorgegebenen Bewegungen anpassen zu können.

Zukunft Technik?

Was können wir also in Zukunft von der roboter-gestützten Spiegeltherapie erwarten? Die Kombination aus synchronen, für die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden spürbaren, Bewegungen des Roboters und der herkömmlichen Spiegeltherapie kann die Bewegungsfähigkeiten von Schlaganfallpatientinnen und Schlaganfallpatienten mit Hemiparese verbessern. Weitere Studien sind nötig, um zu klären, wie auch Menschen mit größeren Aufmerksamkeitsdefiziten von dem Ansatz profitieren können. Außerdem muss erforscht werden, inwieweit sich die verbesserte Bewegungsfähigkeit des betroffenen Arms auch positiv im Alltagsleben der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden auswirken. Denn nur dann können Spiegel und Roboter tatsächlich zu mehr Lebensqualität verhelfen.

Autorin: Lisa Ludorf

Der Forschungsbereich der Fürst Donnersmarck-Stiftung möchte die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung durch aktive Forschung verbessern. Die Studie ist unter dem Titel „The effect of mirror therapy can be improved by simultaneous robotic assistance“ in der Zeitschrift Restorative Neurology and Neuroscience erschienen. Sie kann Open Access eingesehen werden.

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