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Zwei Menschen, von hinten fotografiert, auf einer grünen Wiese, eine Person im Rollstuhl, die andere dahinter - am Hoizont ist die wolkenbedeckte Sonne zu sehen.

Pflegegrad: Was ist das und wie erhalte ich ihn?

Nachdem unser Gastautor Stephan Neumann zuletzt in einem Artikel dieselben Frage hinsichtlich des Grades der Behinderung gestellt hat, widmet er sich nun dem Pflegegrad. Denn zwischen Pflegegrad und Grad der Behinderung gibt es wichtige Unterschiede.

Der Pflegegrad nach dem aktuellen Pflegestärkungsgesetz

Wie pflegebedürftig ist ein Mensch mit bestimmten Behinderungen und Krankheiten und wie viel Hilfe steht ihm aufgrund dessen zu? Die Antwort auf diese Frage wird grundsätzlich mit dem Pflegegrad ausgedrückt. Der Pflegegrad ist deshalb ganz entscheidend, da er direkten Einfluss darauf hat, welche Leistungen und Zuwendungen die pflegebedürftige Person von der Pflegekasse erhält. Diese Einstufung wurde zuletzt vor wenigen Jahren angepasst: Das 2. Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) vom Seit dem 1. Januar 2017 unterscheidet die Pflegegrade 1 bis 5 eingeführt, welche die bisherigen Pflegestufen 1 bis 3 (bis 31.12.2016) ersetzen.

Hintergrund des neuen Gesetzes war der Versuch, vor allem den Pflegebedarf von Demenzkranken, geistig behinderten Menschen und Menschen mit einer psychischen Erkrankung besser zu erfassen und einzuordnen. Deshalb basieren die Einstufungen der Pflegebedürftigkeit in den Pflegegrad seitdem auch darauf, wie selbständig Betroffene in ihrem Alltag sind – und nicht mehr allein auf den körperlichen Einschränkungen der Pflegebedürftigen.

Den Pflegegrad beantragen

Um Leistungen der Pflegekasse zu erhalten, muss man bei der der jeweiligen Krankenkasse zunächst einen formlosen Antrag auf die Feststellung des Pflegegrades stellen. Leistungen von der Pflegekasse erhalten Sie bei einem positiven Bescheid rückwirkend bereits ab dem Tag der Antragstellung.

Nach dem Antrag beauftragt die Pflegekasse, dass der Pflegegrad festgestellt wird. Für gesetzlich Krankenversicherte übernimmt das der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK). Bei privat versicherten Personen sind Prüforgane wie die Medicproof zuständig. Beide prüfen die noch vorhandene Selbstständigkeit des Antragstellers. Hierfür kommt eine Gutachterin oder ein Gutachter in die Häuslichkeit der Betroffenen, die insgesamt sechs Begutachtungsbereiche untersuchen:

  1. Mobilität
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  3. Verhaltensweise und psychische Verfassung
  4. Fähigkeit der Selbstversorgung
  5. Der eigenständige Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und die Bewältigung von Belastungen
  6. Gestaltung des Alltags und sozialer Kontakte

Das ausformulierte Gutachten wird anschließend an die Pflegekasse weitergeleitet. Auf dieser Basis trifft die Pflegekasse schließlich die Entscheidung über die Erteilung oder Ablehnung eines Pflegegrades.

Was wird bei der Einstufung genau untersucht?

Die jeweilige Einstufung findet im Rahmen des sogenannten Prüfverfahrens NBA („Neues Begutachtungsassessment“) statt. Für jeden der sechs Begutachtungsbereiche werden Punkte vergeben, die mit unterschiedlichen Gewichtungen in die Gesamtbewertung des Pflegegrades einfließen. Daraus lässt sich schließlich die Einteilung in einen bestimmten Pflegegrad ableiten. Von den Modulen 2 und 3 wird nur das Modul mit der höheren Punktzahl gewertet.

Folgende Einteilungstabelle ist festgeschrieben:

  • Grad 1: von 12,5 bis unter 27 Punkte
  • Grad 2: von 27 bis unter 47,5 Punkte
  • Grad 3: von 47,5 bis unter 70 Punkte
  • Grad 4: von 70 bis unter 90 Punkte
  • Grad 5: von 90 bis 100 Punkte

Sollten Sie selbst eine Pflegegrad beantragen wollen, nehmen Sie unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch, da die Antragsstellung kompliziert ist. Hierzu können Sie z. B. in einen Pflegestützpunkt gehen. Aber auch Sozialdienste von Krankenhäusern oder Pflegedienste helfen gerne weiter.

Auswirkungen auf das Arbeitsleben?

Grundsätzlich können natürlich auch Menschen mit einem anerkannten Pflegegrad einer ganz normalen beruflichen Beschäftigung nachgehen. Meistens hat der Pflegegrad keine Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis und bedeutet für den Arbeitgeber auch keinen Mehraufwand. Anders sieht das aus, wenn der Arbeitnehmende zum Beispiel eine Assistenz mit zur Arbeit nehmen muss. Dann sind auch durch den Arbeitgeber entsprechende Maßnahmen zu treffen.

Das können beispielsweise die Wahrung von Betriebsgeheimnissen oder datenschutzrechtlichen Regelungen sein. Auch sind ggfs. andere Räumlichkeiten aufgrund benötigter Hilfsmittel für den Arbeitnehmenden bereit zu stellen. Dafür gibt es finanzielle Unterstützung von den entsprechenden Leistungserbringern.

Unterschied zwischen dem Grad der Behinderung und dem Pflegegrad

Einer der Unterschiede zum Grad der Behinderung besteht darin, dass die Begutachtung beim Pflegegrad durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) erfolgt. Und nicht wie bei der Anerkennung des Grades der Behinderung durch Gutachter des Versorgungsamtes oder durch von der Behörde damit beauftragte niedergelassene Ärzte. Außerdem sind konkrete Leistungen und Zuwendungen vom Pflegegrad abhängig. Worum es sich genau beim Grad der Behinderung handelt und wie man ihn feststellen lässt, habe ich hier bereits erklärt.