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Parakanutin Felicia Laberer in Aktion: auf dem Wasser fährt sie mit ihren Kanu.

Interview mit Parakanutin Felicia Laberer

Gold bei Europa. und Bronze bei Weltmeisterschaften sowie bei den Paralympics in Tokio. Mit nur 23 Jahren hat Felicia Laberer schon eine beachtliche Edelmetallsammlung. In diesem Jahr greift die Parakanutin auch bei den Paralympics in Paris an. Wir haben mit ihr gesprochen.

Hallo Felicia, kannst du dich bitte kurz vorstellen?

Felicia Laberer: Ich heiße Felicia Laberer, bin 23 Jahre alt, mache Para-Kanu seit 2018 und bin früher geschwommen. Paris wird meine zweite Teilnahme bei Paralympics.

Du bist vorher geschwommen, machst jetzt Parakanu, wie kam der Wechsel?

Felicia Laberer: Mir hat das Schwimmen aus verschieden Gründen nicht mehr gefallen. Ich wollte aber immer noch Sport machen und an den Paralympics teilnehmen. Dann habe ich verschiedene Sportarten ausprobiert und da hat mir Kanu am besten gefallen.

Wenn es nicht das Kanu geworden wäre, was dann?

Felicia Laberer: Rudern denke ich mal. Meine beste Freundin ist Ruderin und dadurch habe ich das ein bisschen ausprobiert. Es ist auch eine Wassersportart und ich finde das Element Wasser ziemlich geil. Das Problem war, dass das Pararudern damals in Deutschland noch nicht so weit verbreitet war und ich nach Hamburg hätte wechseln müssen.

Einteilung in Startklassen und Nachteile

Kannst du uns kurz die Klassifizierungen beim Kajak erklären und wie diese ermittelt wird?

Felicia Laberer: Grundsätzlich haben wir drei Startklassen pro Bootsklasse – also Kajak und den Va’a*. Ich bin in der Startklasse drei, das bedeutet, dass ich die leichteste Einschränkung habe.

In der drei sind Athletinnen und Athleten mit voller Rumpffunktion, also nur Beinbehinderungen – beispielsweise Unterschenkel oder Beinamputationen. Wir haben beispielsweise auch eine Athletin, der die Wadenmuskulatur fehlt, und eine, die in der Kindheit einen komplizierten Fußbruch hatte.

In der zweiten Startklasse ist es dann so, dass entweder beide Beine amputiert sind oder Teile der Rumpffunktion nicht mehr vorhanden sind. Bei uns haben wir da zum Beispiel Anja Adler, die kriegt bei ihrer Hüfte kein richtiges Feedback mehr, weil sie querschnittsgelähmt ist.

In der ersten Startklasse sind dann Athletinnen und Athleten, die keine oder eine sehr eingeschränkte Rumpffunktion und keine Beinfunktion haben.

* Ein Auslegerkanu, Va’a ist das samoanische, hawaiianische und tahitianische Wort für Boot (Anm.d.Red.).

Du hast in vorherigen Interviews erwähnt, dass du in deiner Startklasse Konkurrentinnen hast, bei denen du sagen würdest, dass sie einen Vorteil haben. Gibt es deiner Meinung nach noch Probleme mit der Klassifizierung, wo sich das Komitee nochmal ran setzten müsste, um das zu verbessern?

Felicia Laberer: Ja, auf jeden Fall. Da ist noch viel Verbesserungspotential. Das ist nicht nur ein Problem im Parakanu, sondern auch in anderen paralympischen Sportarten.

Parakanutin Felicia Laberer in rotem Deutschland Paralympics Team-Shirt
Felicia Laberer (Foto: Carsten Böttinger)

Vorbereitungen und Studium

Wie laufen die Vorbereitungen gerade bei dir?

Felicia Laberer: Sehr durchwachsen. Im März waren wir im Trainingslager in Sabaudia, Italien, da dachte ich: „Wenn ich jetzt im Paralympics Finale wäre, würde ich Gold gewinnen“. Danach ging es mir schlagartig körperlich richtig schlecht. Ich war dauerhaft müde, sehr schnell erschöpft von den kleinsten Sachen, aber so langsam geht es wieder Berg auf.

Du studierst ja auch, was studierst du denn?

Felicia Laberer: Ich studieren Sport und Angewandte Trainingswissenschaften an der Deutschen Hochschule für Gesundheit und Sport (DHGS) in Berlin

Bringt dir das Studium auch etwas fürs Training, kannst du dort gelerntes umsetzen?

Felicia Laberer: Auf jeden Fall, ich bin zwar erst im zweiten Semester, aber ich habe da schon viele Sachen mitgenommen

Wie lässt sich Studium und Sport unter einen Hut bringen? Bekommst du Unterstützung von deiner Uni?

Felicia Laberer: Meine Uni unterstützt das voll und ganz. Ich kann vieles online machen und auch zu den Zeiten nacharbeiten die mir passen. Da lässt es sich manchmal so legen, dass ich beispielsweise eine Präsentation vom Trainingslager aus halten kann. Ich habe auch Präsenztage, die sind aber nur verpflichtend, wenn eine Prüfungsabnahme ist. Außerdem habe ich mir meine Module so gelegt, dass ich im Winter fünf und im April nur noch ein Modul gemacht habe und mich seitdem voll und ganz auf den Sport konzentrieren kann.

Umgang mit Erwartungsdruck

Wie würdest du die letzten Olympischen Spiele für dich beschreiben?

Felicia Laberer: Traumhaft. Es waren richtig viele Eindrücke auf einmal, die man so schnell gar nicht verarbeiten kann. Selbst wenn ich ohne Medaille nach Hause gefahren wären, wären sie mir trotzdem super in Erinnerung geblieben. Auch mit den Corona Einschränkungen waren es perfekte Spiele. Ob da jetzt ein Publikum war oder nicht, die Leute die vor Ort waren, haben so viel Lärm gemacht, wie eine volle Tribüne

Inwieweit hast du ein neues Mindset im Vergleich zu Tokio, gibt es etwas, das du anders machen möchtest?

Felicia Laberer: Die Herausforderung ist, dass da jetzt ein Erwartungsdruck ist. Vor Tokio hat ja keiner damit gerechnet, dass ich da eine Medaille hole. Damit muss ich lernen umzugehen. Daran arbeite ich mit einer Sportpsychologin vom OSP (Olympia Stützpunkt Berlin). Sie versucht mir da auf jeden Fall zu helfen.

Die Olympischen Spiele und die Paralympischen Spiele werden getrennt, befürwortest du das oder siehst du das eher als Problem an? Inwiefern ist es eine Trennung davon mit dem Inklusionsgedanken vereinbar?

Felicia Laberer: Ich finde es sehr gut, dass sie getrennt stattfinden. Wir haben ja EM und WM inklusiv mit den Rennsportlern, das ist auch schön, aber man geht als Parasportler schnell unter.

Es kam auch schon öfter vor, dass die Medien unsere Medaillen nicht mit den den Madaillenspiegel einbezogen hat und nur über die anderen Athletinnen und Athleten berichtet wurde. Deshalb finde ich es sehr gut, dass wir dann mal im Mittelpunkt stehen und nicht im Schatten der Olympischen Spiele sind.

Austausch im paralympischen Dorf

Viele AthletInnen posten von ihren Erlebnissen in den Sozialen Medien, bekommst du davon etwas mit?

Felicia Laberer: Ich bekomme echt viel auf Instagram mit. Tokio 2020 war da gar nicht so krass, aber dieses Mal explodiert das ja. Zu sehen wie es im Olympischen Dorf aussieht, find ich einerseits richtig cool, weil dadurch die Vorfreude steigt, allerdings ist es nicht mehr so toll, wenn man vor der Ankunft dort schon weiß, was es dort gibt. Gerade für Menschen, die nicht aus dem Sportkontext kommen, die da so mitgenommen werden, ist das sehr cool

Wird da von dir auch was gepostet werden, wirst du da auch ein bisschen deine Interaktionen teilen?

Felicia Laberer: Weiß ich noch nicht, hauptsächlich werde ich mich auf den Wettkampf konzentrieren und wenn dann Zeit sein sollte, werde ich es machen.

Freust du dich auf den interkulturellen Austausch im olympischen Dorf? Hast du dir da vielleicht auch etwas vorgenommen?

Felicia Laberer: Ja, auf jeden Fall. Das Pin Tauschen ist auf jeden Fall ein riesen Ding, darauf freu ich mich. Es ist auch immer ganz cool, wenn man außerhalb seiner Sportart Leute aus anderen Ländern kennenlernen kann, ein bisschen connecten kann.

Was ist dein Sommermoment diesen Sommer, hast du da etwas geplant

Felicia: Ich geh morgen, am 2. August auf das Alligatoah Konzert in der Wuhlheide, das wird gut.

Dann wünschen wir viel Spaß und viel Glück bei den Paralympics!

Titelbild: Carsten Böttinger