Berliner Behindertenverband mit neuer Führung. Interview mit Vorstandsvorsitzendem Felix Tautz
Seit November 2022 ist Felix Tautz der neue, kooptierte Vorstandsvorsitzende des Berliner Behindertenverbandes (BBV). Er folgt auf Gerd Miedthank, der aus persönlichen Gründen den Vorsitz niedergelegt hat. mittendrin hat Felix Tautz ein kurzes Interview gegeben.
Können Sie sich und Ihren bisherigen Werdegang kurz vorstellen?
Felix Tautz: Ich bin in Neubrandenburg geboren und habe nach meinem Abitur ein Jurastudium in Potsdam aufgenommen. Durch einen Badeunfall im dritten Semester bin ich seit 1998 querschnittsgelähmt (Tetraplegie). Dennoch konnte ich nach meiner Rehabilitation mein Studium fortsetzen – auch dank zahlreicher Unterstützung aus dem Freundes-und Familienkreis sowie einer sehr guten Behindertenbeauftragten an der Universität Potsdam. 2009 schloss ich mein Studium mit dem 2. Staatsexamen ab. Als Volljurist bin ich seitdem als Anwalt tätig.
In Kontakt zum Berliner Behindertenverband kam ich durch Dominik Peter, den ich während meiner Rehabilitation kennengelernt hatte. Er machte mir den Vorschlag, regelmäßig eine juristische Erstberatung für Menschen mit Behinderung anzubieten und auf diesem Weg meine juristische Perspektive in den Verband einzubringen. Das war auch der erste Schritt in Richtung der EUTB-Beratung (Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung).
Wichtige Aufgaben: Öffentlichkeitsarbeit und Geschäftsstelle führen
Sie sind seit Kurzem kooptierter Vorsitzender des BBV. Was ist das für eine Rolle und welche Aufgaben haben Sie nun?
Felix Tautz: Nach dem überraschenden Ausscheiden von Gerd Miedthank bestand eine Lücke im Vorstand. Um die Handlungsfähigkeit des Vereins sicherzustellen, besteht dann rechtlich die Möglichkeit, Vorstandsmitglieder durch die sogenannte Kooptation, also die Wahl innerhalb des Vorstandes, neu zu berufen. Das geht schneller als eine neue Mitgliederversammlung. Auf diese Weise bin ich in den Vorstand berufen und auch zum Vorsitzenden gewählt worden. Ich werde diese Aufgabe jetzt zunächst bis zur nächsten Mitgliederversammlung erfüllen und dann entscheiden, ob ich mich für eine ordentliche Wahl zur Verfügung stellen kann.
Meine Hauptaufgaben sind einerseits, die Anliegen von Menschen mit Behinderung gegenüber der Berliner Politik und Berliner Öffentlichkeit zu vertreten. Zum anderen möchte ich erreichen, dass unsere Mitglieder, gleich welcher Behinderung, in unserem Verein Stück weit ein Zuhause finden. Zudem bin ich über die Geschäftsstelle auch in das Tagesgeschäft eingebunden. Hier beschäftigen wir inzwischen mehrere Menschen mit Behinderung in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Das ist der Motor, der das Schiff BBV am Laufen hält.
Darüber hinaus möchte ich vor allem wieder etwas Ruhe in den Verband bringen. Dominik Peter hat in den letzten Jahren eine außerordentlich erfolgreiche Arbeit gemacht. Die müssen wir jetzt konsolidieren und weiterführen.
Projekte 2023
Auch wenn Sie zunächst nur interimistisch den Vorsitz innehaben, stehen bestimmte Aufgaben wie beispielsweise die Organisation der Demonstration zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen am 5. Mai ja schon jetzt vor der Tür.
Felix Tautz: Das stimmt. Gerade der 5. Mai ist für uns immer ein wichtiger Termin, bei dem ich bislang wenig involviert war. Aber ich bin nicht alleine im Vorstand, sondern werde von den anderen Mitgliedern sowie durch die Geschäftsstelle sehr gut unterstützt. Ich bin also zuversichtlich, dass wir auch 2023 eine gute Demonstration organisieren können. Das Wichtigste ist hier aus meiner Sicht eine gewisse Hartnäckigkeit im Kontakt mit den Behörden und die richtige Ausdauer.
Ein weiteres wichtiges Thema, das aktuell ansteht, ist die EUTB-Beratung. Sie sind ja auch für die Ausweitung der Beratungsstellen im Bezirk Treptow-Köpenick zuständig. Wie sind Sie denn zu der EUTB-Beratung gekommen?
Felix Tautz: Die EUTB-Stellen sind im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) eingeführt worden. Auch der BBV hat in diesem Kontext sich dazu entschieden, eine EUTB-Stelle einzurichten. Damals fragte mich Dominik Peter, ob ich diese Aufgabe übernehmen möchte. Ich hatte schon zu diesem Zeitpunkt die juristische Erstberatung angeboten und Interesse an der Aufgabe. Aus meiner Sicht ist – neben meiner eigenen Betroffenheit – mein juristischer Background eine gute Grundlage für die Beratung, da in der EUTB immer auch gesetzliche Regelungen eine große Rolle spielen. Natürlich habe ich trotzdem alle Weiterbildungen absolviert, die für eine EUTB verlangt werden.
Im Laufe der Zeit wurde diese Aufgabe beim BBV immer größer, sodass die EUTB inzwischen zu meinem Hauptberuf geworden ist und meine Tätigkeit als Rechtsanwalt demgegenüber weniger wurde.
Felix Tautz in seiner privaten Zeit
Letzte Frage: Wie können Sie in Ihrer Freizeit am besten abschalten?
Felix Tautz: Ich habe einen 11-jährigen Sohn, mit dem ich gerne viel unternehme. Darüber hinaus fahre ich gerne in den Urlaub, koche gerne, treffe mich mit Freundinnen und Freunden oder lese. Besonders interessiere ich mich für das aktuelle Wirtschafts- und Politikgeschehen.
Sehr geehrter Herr Tautz, vielen Dank für das Interview und viel Erfolg bei Ihrer neuen Aufgabe!