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Stock-Foto: Ein junger Mann schwimmt bei einem Wettbewerb - Nahaufnahme, im Hintergrund sind Anzeigetafeln und Fotografen zu sehen.

IDM 2019: „Sich mit der Weltspitze messen“

Die IDM 2019 (Internationale Deutsche Meisterschaften im Schwimmen für Menschen mit Behinderung) beginnt morgen und bringen wieder Para-Schwimmerinnen und Schwimmer aus der ganzen Welt nach Berlin. Hier treffen erfahrene Profis auf junge Talente, um sich zu messen. Wir haben mit einem dieser jungen Talente über die IDM 2019, das Para-Schwimmen und seine sportlichen Ziele gesprochen. Der Teenager Jan Schreiber wurde ohne linke Hand geboren, betreibt seit 2015 Schwimmen als Leistungssport und träumt davon, an Paralympischen Spielen teilzunehmen.

Interview im Rahmen der IDM 2019 mit Nachwuchstalent Jan Schreiber

mittendrin: Lieber Jan, erzähl uns doch erst einmal ein bisschen was über dich.

Jan Schreiber: Ich heiße Jan Schreiber, bin 17 Jahre alt und komme ursprünglich aus Schwerin. Ich gehe auf die Sportschule Potsdam und schwimme für den SC Potsdam. Abseits vom Schwimmen bin ich eigentlich nur am Lernen.

mittendrin: Nur lernen?

Jan Schreiber: Durch den Fokus auf das Schwimmen bleibt nicht mehr allzu viel Zeit für andere Dinge. Mein Tag ist durchgeplant: Aufstehen, Training, Schule, wieder Training und dann noch die Hausaufgaben erledigen.

mittendrin: Aber du bist viel unterwegs und hattest am Wochenende erst einen Wettkampf in Italien, richtig?

Jan Schreiber: Genau, das war der Weltcup in Italien. Es lief für mich sehr gut. Ich bin fünf Mal gestartet und konnte meine Zeiten immer verbessern. Mit der Staffel über 4×100 Lagen und 4×100 Freistil habe ich dann einmal Gold und einmal Silber geholt.

Jan Schreiber vor einem Schwimmbecken. Er hält eine Medaille in der Hand und lächelt in die Kamera.
Jan Schreiber mit seinen Medaillen vom Weltcup in Italien. Foto: paschkepics

mittendrin: Ein Wettkampf folgt auf den anderen – gerade Weltcup und jetzt steht die IDM 2019 an. Kommst du danach zur Ruhe oder geht es direkt wieder weiter?

Jan Schreiber: Ich starte direkt am Donnerstag bei der IDM. Danach wieder Training und zwei oder drei Wochen später sind dann Jugendspiele in Finnland.

mittendrin: Da kann man ja glatt neidisch werden. Das Reisen und die vielen Wettkämpfe machen ja auch jede Menge Spaß, oder?

Jan Schreiber: Ja, auf jeden Fall. Meine Eltern sagen auch, sobald es mir keinen Spaß mehr macht, könne ich auch jederzeit aufhören. Aber es macht einfach viel Spaß.

Die IDM ist natürlich der Höhepunkt

mittendrin: Bei der IDM bist du ja bereits mehrmals gestartet.

Jan Schreiber: Ja, ich glaube, das erste Mal war 2015, da bin ich noch für Schwerin gestartet. Und das war dann auch die IDM, bevor ich nach Potsdam gekommen bin.

mittendrin: Da gibt es also einen direkten Zusammenhang?

Jan Schreiber: Ja, klar – aus meinem Heimatverein sind zwei andere auch nach Potsdam gegangen: Torben Schmidtke und Klaus Steinhauer. Klaus Steinhauer hat mich dann angesprochen, ob ich Interesse hätte, vielleicht nach Potsdam zu kommen.
Dann kam auch die Option, nach Rostock zu gehen, ich musste mich dann entscheiden, ob ich meinem Heimat-Bundesland Mecklenburg-Vorpommern treu bleibe oder nach Potsdam gehe. Nach der Probeschule fand ich Potsdam vom Gesamtpaket her dann einen Tick besser.

mittendrin: Waren der Start im Sport-Internat und die Trennung von der Familie für dich schwierig?

Jan Schreiber: Meiner Mutter ist es, glaube ich, schwer gefallen, mich nicht mehr so oft zu sehen. Ich habe mich relativ schnell eingewöhnt. Anfangs wollte ich natürlich auch öfter nach Hause, aber ich habe mich schnell eingefunden.


„Auf der einen Seite ein Sport-Event, wo man sich mit der Weltspitze messen kann. Auf der anderen Seite trifft man einfach viele tolle Menschen.“

mittendrin: Was verbindest du mit der IDM?

Jan Schreiber: Die IDM ist natürlich der Höhepunkt für die allermeisten deutschen Athletinnen und Athleten. In diesem Wettkampf bin ich das erste Mal wirklich aufgefallen. Deshalb verbinde ich ihn natürlich auch mit meinem Wechsel nach Potsdam. Und besonders schön ist es, dass man hier viele Freunde kennenlernen kann, die nicht aus Deutschland sind, weil ja eigentlich die ganze Welt dorthin kommt. Durch die IDM habe ich international Freunde gefunden: aus England, aus Italien, aus Tschechien und so. Das ist wirklich schön. Auf der einen Seite ein Sport-Event, wo man sich mit der Weltspitze messen kann. Auf der anderen Seite trifft man einfach viele tolle Menschen.

mittendrin: Also auch eine Art Klassentreffen?

Jan Schreiber: Ja genau, ich freue mich Leute wiederzusehen, die ich eigentlich nur zu Wettkämpfen treffe.

mittendrin: Was hat du dir für die IDM 2019 vorgenommen? Gibt es eine Zeit, die du knacken willst?

Jan Schreiber: Ja, die Zeit, die ich wirklich schwimmen möchte, ist eine 02:28,95 auf 200 m Lagen. Das ist meine Paradestrecke, würde ich sagen. Jetzt in Italien bin ich 02:29,34 geschwommen.

Die Paralympics als großes Ziel

mittendrin: Gibt es 2019 noch andere Ziele?

Jan Schreiber: Anfang des Jahres war die WM noch mein Ziel. Aber wenn ich mir den Weltcup in Italien so angucke, bin ich von der WM sehr weit entfernt. Das einzige Ziel, das ich jetzt noch habe, sind vier Zehntel. Die möchte ich unbedingt noch packen. Ansonsten habe ich mich ja auch für die Jugendspiele empfehlen können, wo ich jetzt mitfahre, und bin unterm Strich ganz zufrieden.

mittendrin: Das Ziel Paralympics in Tokio 2020 hast du dir ja mal gesetzt – hast du das noch vor Augen?

Jan Schreiber: Ja, also es wird sehr schwer. Ganz aus den Augen ist es nicht. Ich habe es nicht weit weggelegt, es ist noch da, aber ich bin auch nicht enttäuscht, wenn es nicht klappt.
Ich bin jung und habe noch mehrere Chancen auf Paralympics, also bleibt es ein Ziel. Erst einmal nehme ich die Europameisterschaft nächstes Jahr ins Visier. Alles weitere ist ein Zusatz.

mittendrin: Du bist ja auch verhältnismäßig spät in den Leistungssport eingestiegen, oder?

Jan Schreiber: So wirklich angefangen habe ich in der achten Klasse, in meinem ersten Jahr hier in Potsdam. Das war für mich noch eine Findungsphase. Anfangs hatte ich auch noch nicht so dieses: „Ich will jetzt zur EM.“ Das war mehr ein „Ja, ich mache jetzt so ein bisschen Sport.“ Der Ehrgeiz kam erst mit der Zeit. Rückblickend schade, aber ich muss weiterhin hart trainieren und noch besser werden. Dafür dass ich so spät in diesen Leistungssport reingekommen bin, bin ich ganz zufrieden.

mittendrin: Das kannst du auch sein. Viel Erfolg für die IDM 2019 und die Jugendspiele in Finnland und Danke für dieses nette Interview.

Zur Website der IDM 2019

Das Interview führte Nico Stockheim.
Das Titelfoto ist ein Symbolfoto, auf dem nicht Jan Schreiber zu sehen ist.