
Gesichter der Nordbahn: Rainer – angetrieben von Tatkraft und Humor
Rainer ist seit über drei Jahren Mitarbeiter der Nordbahn gGmbH. Zuvor war er als Garten- und Landschaftsbauer tätig, ein Beruf, der ihm viel Freude bereitete. Doch nach einem Schlaganfall musste er umdenken: Seitdem sitzt er im Rollstuhl und kann nur eine Hand benutzen. Seine Tatkraft und sein Humor haben ihn jedoch nie verlassen. In der Werkstatt der Nordbahn hat er eine neue berufliche Heimat gefunden. Im Interview erzählt er, warum ihm die Arbeit dort so wichtig ist, welche Herausforderungen er meistert und was ihn antreibt.
Rainer ist mit Spaß bei der Nordbahn
F.: Warum hast Du Dich entschieden, in einer Werkstatt zu arbeiten?
A.: Mir war strunzlangweilig! Ich wollte nicht einfach nur rumsitzen, sondern etwas tun. Mein Betreuer hat mir dann die Nordbahn vorgeschlagen. Also habe ich mir das Ganze angeschaut und sofort gemerkt: Die Arbeitskollegen sind klasse, die Arbeit macht mir Spaß, und die Betreuer sind super. Da war die Entscheidung schnell getroffen.
F.: Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Dir aus?
A. Morgens komme ich mit dem Fahrdienst zur Werkstatt. Erstmal gibt es eine Tasse Kaffee, eine Zigarette und ein ordentliches Frühstück. Um 9 Uhr geht es dann los. Ich arbeite in der Industriemontage und setze Kleinteile zusammen. Es ist immer der gleiche Ablauf, aber genau das mag ich. Ich bin ein Gewohnheitstier! Und das Beste: Durch meinen Rollstuhl habe ich immer einen Sitzplatz – da kann keiner meckern!“ (lacht)

F.: Was gefällt Dir an der Arbeit einer Werkstatt?
A.: Ganz klar: meine Arbeitskollegen!
F.: Welche Schwierigkeiten hattest Du in der Werkstatt? Wie hast Du diese gelöst?
A.: Einmal habe ich mich richtig geärgert: Es gab Müsli-Riegel ohne Angaben zu den Inhaltsstoffen. Das kann nicht sein! Also habe ich dem Werkstattrat eine Mail geschrieben – leider kam keine Antwort. Aber ich bleibe dran! Und dann gab es die Sache mit der Tür: Ich wollte, dass sie Bullaugen bekommt, damit man sieht, ob jemand dahintersteht. Auch das habe ich angesprochen. Es dauert manchmal, aber es lohnt sich, sich einzusetzen.
F.: Was machst Du gerne in Ihrer Freizeit?
A.: Schlafen – das ist ganz wichtig! Und ich übe die botanischen Namen von Pflanzen. Ich liebe Pflanzen und will mir das Fachwissen bewahren.
F.: Hast Du Vorbilder?
A.: Ja! Gabi Köster. Sie ist eine echte Kämpfernatur.
F.: Hast Du berufliche und/oder private Ziele für die Zukunft?
A.: Früher wollte ich Gärtner ausbilden, aber das geht leider nicht mehr. Ein großer Wunsch ist es, mit meinen Kindern und Enkelkindern einmal Polarlichter zu sehen – am liebsten auf einer Reise mit den Hurtigruten.
F.: Welche Erfahrungen haben Dich besonders geprägt und warum?
A.: Ganz einfach: Ich sitze im Rollstuhl. Das hat mein Leben komplett verändert.
F.: Gibt es etwas, das Du schon immer tun wollten, aber noch nicht die Gelegenheit dazu hattest?
A.: Ja, verreisen! Am liebsten mit meiner Tochter, meinem Schwiegersohn und meinen Enkeln.
F.: Welches Wort verbindest Du mit „Nordbahn“?
A.: Arbeit.
Mitbestimmen zu können ist wichtig
F.: Rainer, Du warst beim Berliner Behindertenparlament letztes Mal dabei. Was hat Dir gefallen?
A.: Ich konnte mitbestimmen – das ist wichtig!

F.: Wieso findest Du es wichtig, beim Berliner Behindertenparlament dabei zu sein?
A.: Weil es prima ist, die eigene Stimme zu erheben! Nur so können wir etwas verändern.
F.: Was sind Barrieren in Deinem Alltag?
A.: Zum Beispiel die Fahrstühle der BVG – wenn die ausfallen, wird es für mich richtig kompliziert. Und manchmal habe ich Probleme, logisch zu denken, das ist auch eine Hürde.
F.: Wie können die Barrieren abgebaut werden?
A.: Indem die Leute zuhören und beobachten, was wirklich gebraucht wird.
Rainer zeigt mit seiner Geschichte, wie wichtig es ist, nicht aufzugeben und sich für seine Rechte einzusetzen. Seine Offenheit, sein Humor und sein Engagement sind bewundernswert – und er beweist jeden Tag aufs Neue, dass Arbeit mehr ist als nur ein Job.
Das Berliner Behindertenparlament vertritt die Interessen von Menschen mit Behinderungen in Berlin gegenüber Politiker:innen und Behörden.
Über die Nordbahn
Die Nordbahn gGmbH in Schönfließ bei Berlin bietet 400 Arbeitsplätze in den Bereichen Grünlandpflege, Freiraummöbel, Industriemontage, Konfektionierung, Sondermaschinenbau, Druck-Service und Wäscherei für Menschen mit Beeinträchtigungen an. Dabei werden sie von 120 Angestellten begleitet. Alle Arbeitsbereiche der Nordbahn arbeiten für über 200 Kunden aus der freien Wirtschaft.
Hast Du Interesse die Werkstatt kennenzulernen? Dann schau auf der Webseite www.nordbahn-ggmbh.de vorbei.
Transparenzinformation
Die Fürst Donnersmarck-Stiftung ist Gesellschafterin der Nordbahn gGmbH und der Geschäftsführer der Stiftung, Leopold von Bredow, ist stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Nordbahn.
Die Interviews der Reihe „Gesichter der Nordbahn“ stammen aus der Feder von Ines Baumann, die die Öffentlichkeitsarbeit für die Nordbahn verantwortet.