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Nahaufnahme eines Milchkaffees

40 Jahre Hausverwaltung: Von Milchkaffee zur Wohnungswirtschaft

Zur Vermögensverwaltung und Erwirtschaftung ihrer Stiftungsmittel besitzt die Fürst Donnersmarck-Stiftung (FDST) in Berlin und einigen weiteren Städten im Westen Deutschlands einen umfangreichen Immobilienbesitz. Am Anfang wurden diese Mietshäuser von einem externen Dienstleister betreut. Dies änderte sich im Jahr 1980, als die FDST ihre eigene Hausverwaltung gründete. Welche Gründe führten dazu? Wie hat sich die FDS Gewerbebetriebsgesellschaft mbH (FDS GmbH) – so der offizielle Name der Hausverwaltung – seither entwickelt? Und auf welche Weise ist sie strukturell in der FDST verankert?Anlässlich 40 Jahre Hausverwaltung wollen wir in diesem Archivstück diese Fragen etwas näher beleuchten.

Am Anfang war der Milchkaffee

Am Anfang der FDS GmbH stehen keine Mietshäuser, sondern ein Café. Ende der 1970er Jahre beabsichtigte die FDST, ihr inklusives Angebot um einen möglichst zentral in der Stadt gelegenen Treffpunkt zu erweitern. Das führte dazu, dass sie 1980 das erste vollständig barrierefreie Café Berlins eröffnete. Es befand sich in der Blissestraße 14 in Wilmersdorf und hieß eben deshalb schlicht „blisse 14“. Mit der Eröffnung stand die FDST allerdings vor einem Problem: Denn aus steuerrechtlichen Gründen und weil bei einem öffentlichen Cafébetrieb die satzungsgemäße Mittelverwendung nicht sicherzustellen war, konnte die Stiftung das Café nicht selbst betreiben. Und so gründete sie am 30. Juni 1980 die FDS Gewerbebetriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung.

Außenansicht der "blisse 14". Zwei Menschen im Rollstuhl sitzen außen, die Fassade ist gelb. Die Aufschrift "blisse 14" Cafe.
Die Außenansicht der „blisse 14“

Der Ansatz des Cafés ging voll und ganz auf. In kürzester Zeit entwickelte sich die „blisse 14“ zu einem beliebten Treffpunkt von Menschen mit und ohne Behinderung in der Stadt. Allerdings konnte das Café nie kostendeckend betrieben werden. Das lag vor allem an den bewusst niedrigen Preisen für Speisen und Getränken: Denn auch einkommensschwachen Personen, zu denen Menschen mit Behinderung oft zählen, sollten das Café regelmäßig besuchen können. Die als Startkapital gedachte Geldeinlage der FDST war dadurch nach anderthalb Jahren aufgezehrt. Das Kuratorium und Geschäftsführung standen 1981 damit vor der Aufgabe, die FDS GmbH auf eigene Füße zu stellen. Sie musste eine eigene Erwerbsquelle besitzen, um die Verluste des Cafés weiterhin ausgleichen zu können. So entstand die Idee, die FDS GmbH zu einer Hausverwaltung auszubauen.

Von der Fremdverwaltung zur Eigenverwaltung

Zunächst ging es bei dem Vorschlag nur um wenige Immobilien der FDST. Die Einnahmen sollten schließlich nur die Einbußen des Cafébetriebs decken. Anfang 1982 übernahm die FDS GmbH daher die Verwaltung von drei Wohnanlagen von der Maklerfirma Zachger, die seit 1956 den Bestand der FDST betreute. Die Verwaltungshonorare für die Mietshäuser in der Birkbuschstraße und der Albrechtstraße sowie die der Wohnanlage in der Zeltinger Straße flossen nun an die Gewerbebetriebsgesellschaft. Das reichte aus, um die Verluste der „blisse 14“ zu decken. Somit konnte das zentral gelegene, inklusive Café weiter betrieben werden.

Zu sehen ist ein eine eher grüne Straße in Berlin mit ein paar Häusern im Hintergrund. Im Bildvordergrund steht das Straßenschild "Zeltinger Straße".

Doch schon damals begann das Kuratorium der FDST mit der Überlegung, ob die FDS GmbH nicht den gesamten Immobilienbesitz der Stiftung verwalten sollte. Noch waren jedoch einige Mitglieder skeptisch, ob aus der Eigenverwaltung der Mietshäuser überhaupt Überschüsse zu erwirtschaften seien. Und so nahm man zunächst Abstand von dieser Idee. Die Realität sah allerdings schnell anders aus und bei der FDS GmbH stellten sich mehr und mehr Erfolge ein. Bereits Mitte 1982 beriet das Kuratorium deswegen erneut darüber, ihr die Verwaltung aller Häuser zu übertragen. Forciert wurden die Überlegungen dadurch, dass die Maklerfirma Zachger ankündigte, ihre Verwaltungsgebühren zum Jahreswechsel 1984 zu erhöhen.

Endgültige Entscheidung

Ekkehard Reichel, der damalige Geschäftsführer der FDST, errechnete daraufhin, welche finanziellen Auswirkungen eine vollständige Übernahme der Immobilienverwaltung durch die FDS GmbH haben würde. Er kam zu dem Ergebnis, dass dies einen zusätzlichen Gewinn von jährlich einer viertel Million D-Mark abwerfen würde. „Dieser Gewinn“, so Reichel in seinem Bericht an das Kuratorium, „kann direkt den stiftungsgemäßen Aufgaben zugeführt werden oder indirekt durch Schaffung von Arbeitsplätzen für Behinderte in der Hausverwaltung zur Integration der Behinderten beitragen.“ Auf seiner Sitzung vom 25.10.1982 beschloss das Kuratorium daraufhin, die „Mietshäuser in Zukunft selbst zu verwalten.“

Dieser Aufgabe widmete sich zu Beginn Jürgen Kintzel, der seit 1982 bei der Stiftung tätig war. Die Übernahme der Immobilien von der Firma Zachger erfolgte schrittweise im Verlauf des Jahres 1983. So konnte die FDS GmbH nach und nach in die bevorstehende Aufgabe hineinwachsen. Zum Jahreswechsel 1984 waren dann die damals 59 Häuser in Berlin und Westdeutschland übergeben. Die gewachsene Anzahl der betreuten Wohneinheiten hatte aber natürlich auch die zunehmende Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Folge. 1987 stand daher der erste der Umzug der FDS GmbH in eigene Räumlichkeiten in der Steglitzer Albrechtstaße an. Heute hat dort das Reparaturmobil der FDS GmbH seine Werkstätten. Die Verwaltung ist inzwischen weitergewachsen und befindet in der Amalienstraße in Berlin-Lankwitz.

Aus der FDS Gewerbebetriebsgesellschaft war so eine komplette Hausverwaltung geworden, die den gesamten Immobilienbestand der FDST betreut und seit Beginn der 1990er Jahre in begrenztem Umfang sogar die Fremdverwaltung für andere, vornehmlich soziale Einrichtungen übernimmt.

Geleitet wird die FDS GmbH von Nadine Schleheuser. Sie übernahm 2008 die Führung der Hausverwaltung, die nach wie vor einen wichtigen Baustein der Vermögensverwaltung der FDST darstellt.

Eine Hausverwaltung mit sozialem Profil

Wie bei jedem Gewerbebetrieb steht auch bei der FDS GmbH das gewinnorientierte Wirtschaften im Zentrum ihrer Tätigkeit. Und doch unterscheidet sie sich von einer gewöhnlichen Hausverwaltung dadurch, dass sie fest mit der Fürst Donnersmarck-Stiftung und ihrer gemeinnützigen Zielrichtung verbunden ist. Schon ihre Entstehung im Zusammenhang mit der „blisse 14“, die bis zum Jahr 2000 von der FDS Gewerbebetriebsgesellschaft mbH betrieben wurde, diente ja einem sozialen Ziel. Natürlich kommen auch alle Erträge, die durch die FDS GmbH erwirtschaftet werden, der Fürst Donnersmarck-Stiftung zu Gute. Diese setzt damit ihre innovativen Projekte mit und für Menschen mit Behinderung um.

Zwei Männer bringen einen Briefkasten an der Wand an.
Mitarbeiter des Reparaturmobils im Einsatz.

Darüber hinaus existiert bis heute ein weiteres Projekt der FDS GmbH, das direkt einen sozialen Zweck verfolgt: Das Reparaturmobil. Gegründet wurde das Reparaturmobil Anfang der 1980er Jahre im Fürst Donnersmarck-Haus (FDH). Dort hatte man kurz zuvor nach Möglichkeiten gesucht, Menschen mit Behinderung in sozialversicherungspflichtige Stellen zu bringen. Die Idee des Reparaturmobil war, die in der Stiftung ständig anfallenden Kleinreparaturen durch ein Team aus je einem Fachhandwerker und einem Helfer, der auf dem ersten Arbeitsmarkt benachteiligt ist, durchzuführen. Im August 1982 nahmen die ersten drei Mitarbeiter mit Behinderung ihre Tätigkeit auf. Bei der großen Zahl an Mietwohnungen war von vornherein klar, dass einer der wichtigsten Auftraggeber des Reparaturmobils die Hausverwaltung sein würde. Deshalb wurde das Projekt, das ursprünglich im FDH ins Leben gerufen worden ist, schon bald der FDS GmbH zugeordnet.

40 Jahre Hausverwaltung: Herzlichen Glückwunsch FDS GmbH

An der Entstehungsgeschichte des Reparaturmobils zeigt sich somit besonders anschaulich die enge Verschränkung der einzelnen Arbeitsbereiche in der FDST. Aber eben auch die Tatsache, dass die FDS GmbH von Anfang an immer mehr als ein ausschließlich „nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführtes Unternehmen“ war. Als integraler Bestandteil der Stiftung und damit ihrem sozialen Zweck verbunden war sie immer dazu bereit, die finanziellen Verluste der „blisse 14“ oder die nicht immer optimale Rendite des Reparaturmobils in Kauf zu nehmen.

Seit 40 Jahren ist die FDS GmbH ein Vorbild sozialen Wirtschaftens. Herzlichen Glückwunsch!