Der Frohnauer Forst und die Stiftung
Die Farben Rot und Grün dominieren unser Archivstück in diesem Monat: Eine Planungskarte der Gartenstadt Frohnau. Die Karte eröffnet einen spannenden Einblick in die Lokalgeschichte Frohnaus, die Vergangenheit der Stiftung und den Frohnauer Forst.
Noch heute ermöglicht die Karte die Orientierung in dem Stadtteil. Zu erkennen ist beispielsweise der bekannte Frohnauer Bahnhof, die heutige Zeltinger Straße (früher Veltheim Promenade) oder auch die Rauentaler Straße. Dort, am nördlichen Rand Berlins, mitten im Frohnauer Forst, zwischen Jägersteig, Geierpfad und Schwarzkittelweg liegt das P.A.N. Zentrum für Post-Akute Neurorehabilitation der Fürst Donnersmarck-Stiftung. Doch welche Verbindung besteht zwischen diesem Rehabilitationszentrum, der Fürst Donnersmarck-Stiftung und dem Frohnauer Forst?
Frohnau, die Stiftung und der Fürst von Donnersmarck
Die Antwort auf diese Frage hat mit dem Gründer der Stiftung und des Stadtteils Frohnau zu tun: Am 10. Dezember 1907 erwarb Guido Graf Henckel Fürst von Donnersmarck durch die die „Berliner Terrain-Centrale“ den zum Gutsbesitz Stolpe gehörenden Frohnauer Forst von Werner Freiherr von Veltheim. Nach englischem Vorbild wollte er hier die Gartenstadt Frohnau errichten. In den folgenden Jahren entwickelte der Landschaftsarchitekt Ludwig Lesser ein Bebauungskonzept, wurde das Gelände parzelliert und Wege durch das Waldgebiet angelegt.
Aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs erreichte die Gartenstadt aber nie die Ausmaße, für die sie geplant und bereits teilweise vorbereitet worden war war. Deshalb schlängeln sich die Wege noch heute durch den Forst. Kurz Beginn des Krieges errichtete der Fürst im Bahnhof Frohnau ein Vereinslazarett, in dem Kriegsversehrte aus dem Ersten Weltkrieg rehabilitiert wurden. 1916 stellte er sein Engagement auf Dauer und gründete die „Stiftung Fürst Donnersmarck-Institut“. Neben der Versorgung von Kriegsinvaliden sollte das Institut der Erforschung der im „Kriege gesammelten ärztlichen Erfahrungen“ dienen. Zur Finanzierung der notwendigen Einrichtungen stiftete er nicht nur eine bedeutende Geldsumme; die laufenden Ausgaben sollten zudem aus der Bewirtschaftung des Frohnauer Forstes geschöpft werden, weshalb der Stiftung ein Anteil von knapp 1000 Morgen (250 Hektar) des Frohnauer Waldes als Stiftungskapital zugesprochen wurde.
Von den Plänen zur Realität
Doch weder das Vorhaben der Kur- und Heilanstalt für die verwundeten Krieger noch das Forschungsinstitut wurden Wirklichkeit. Neben organisatorischen Schwierigkeiten war dies vor allem darauf zurückzuführen, dass das Barvermögen der Stiftung in der Hyperinflation zu Beginn der 1920er Jahre verloren ging. Allein der Wald blieb ihr als Kapital erhalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmten die Alliierten das Waldgebiet und gaben es erst zu Beginn der 1950er wieder frei.
Erst ab diesem Zeitpunkt konnte die Stiftung durch die Bewirtschaftung des Waldes damit beginnen, ihr Vermögen neu aufzubauen. Die große Bedeutung des Forstes für die FDST war auch der Grund dafür, dass Dr. Hermann Binder zum ersten Geschäftsführer der Stiftung wurde. Er war promovierter Forstwissenschaftler und Vorstand des Landesverbandes Berlin der „Schutzgemeinschaft Deutscher Wald“. Die Einnahmen aus dem Holzverkauf gingen in den 1950er und 1960er Jahren allerdings immer weiter zurück. Die Stiftung begann deswegen Mitte der 1950er Jahre damit, ihre Grundstücke zu verkaufen. Darunter befand sich im Jahr 1960 ein kleineres Gebiet des Waldes nördlich der Schönfließer Straße, das an die DeGeWo (Deutsche Gesellschaft zur Förderung des Wohnungsbaues)
verkauft wurde.
Ursprünglich sollten hier mehrere Wohngebäude errichtet werden, was aber an allgemeinem Widerstand aus der Bevölkerung und Bezirksverwaltung scheiterte. Am 14.2.1974 erfolgte dann der letzte Schritt: Insgesamt 1,4 Millionen Quadratmeter Wald wechselten damals für über 80 Millionen Mark den Besitzer von der FDST zum Land Berlin. Die Stiftung legte dieses Kapital in Mietshäusern und festverzinslichen Wertpapieren an, aus denen bis heute die Mittel zur Erfüllung des Stiftungszwecks erwirtschaftet werden.
Verkauf des Waldes = Win-Win
Der Verkauf des Waldes war nicht nur für die Stiftung, sondern auch für die Stadtnatur und die Berliner Bürgerinnen und Bürger ein Gewinn. Das Waldgelände wurde nicht in Bau- und Nutzland umgewandelt, sondern blieb als Landschaftsschutzgebiet erhalten. Heute ist der Frohnauer Forst eine weitgehend unbewirtschaftete Referenzfläche, in die der Mensch nicht eingreift. Langsam wird der ehemalige Wirtschaftswald mit dem vor mehr als 100 Jahren künstlich geschaffenen Hubertussee zu einem ‚Urwald‘. Er beheimatet ein besonders großes Spektrum an zum Teil gefährdeten Pflanzen- und Tierarten . Dass es dazu kam, hat sicherlich auch mit der einstigen Insellage Berlins und der Lage Frohnaus an der innerdeutschen Grenze zu tun. Die Mauer verlief ehemals mitten durch den Forst, unweit des P.A.N. Zentrums.
Ganz in der Nähe stand bis 2009 auch der über 350 Meter hohe Sendemast der Richtfunkanlage Berlin-Frohnau. Der von 1977-1978 gebaute Stahlfachwerkmast war nach dem Fernsehturm im Ostteil der Stadt das zweithöchste Gebäude Berlins. Mit der Anlage wurde bis zur Wiedervereinigung Deutschlands eine Richtfunkverbindung über die DDR hinweg bis nach Gartow im Osten Niedersachsens ermöglicht, wo ein ebenso hoher Turm stand. Die Höhe war notwendig, um eine direkte Verbindung zwischen den beiden Anlagen unter Umgehung der Erdkrümmung herzustellen. Mit der Wiedervereinigung wurde die Funkanlage überflüssig und der Turm im Jahr 2009 abgerissen.
Der Frohnauer Forst und das P.A.N. Zentrum
Ein kleiner Teil des Frohnauer Forstes gehört bis heute der Stiftung. Er dient vor allem den Rehabilitandinnen und Rehabilitanden des P.A.N. Zentrums als Erholungsraum. Aber auch Füchse, Wildschweine sowie eine große Zahl an Insekten fühlen sich hier zuhause und tummeln sich auf dem Gelände.
Dominik Erdmann
mittendrin ist unsere Plattform für Geschichten rund um die Fürst Donnersmarck-Stiftung. Doch nicht nur die Gegenwart steckt voller Nachrichten, auch unsere Vergangenheit hat Spannendes zu bieten. Deshalb wollen wir monatlich mit dem „Archivstück des Monats“ Geschichten über besondere, vergessene oder einfach nur kuriose Dokumente und Objekte aus der mehr als einhundertjährigen Stiftungshistorie erzählen.