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PD Dr. Sonja Suntrup-Krüger bei der Verleihung des Forschungspreises 2018 mit Prof. Dr. med. Gereon Fink.

Forschung leicht erklärt: Neurostimulation gegen Dysphagien

Dysphagien (Schluckstörungen) gehören zu den besonders einschneidenden Einschränkungen eines Schlaganfalls und haben häufig langfristig negative Folgen. Deswegen wurden Forschungsansätze zu ihrer Behandlung und Therapie häufiger beim Forschungspreis der Fürst Donnersmarck-Stiftung ausgezeichnet. Zuletzt war dies 2018 der Fall, als PD Dr. med. Sonja Suntrup-Krüger für ihre Habilitation mit dem Forschungspreis ausgezeichnet wurde.
PD Dr. med. Sonja Suntrup-Krüger arbeitet am Universitätsklinikum Münster und forscht neben ihrer Arbeit als Oberärztin in der neurologischen Akutklinik weiterhin an der Behandlung von Schluckstörungen mit Neurostimulation. Wir haben für unsere Reihe „Forschung leicht erklärt“ mit ihr über ihre ausgezeichnete Arbeit gesprochen.

Das Schlucknetzwerk ist durch Neurostimulation beeinflussbar

Was war der Inhalt Ihrer ausgezeichneten Arbeit?

PD. Dr. med. Sonja Suntrup-Krüger: Ich habe in meiner Arbeit die Ursachen, Diagnostik und mögliche neue Therapieansätze von Dysphagien untersucht. Dabei habe ich die Wirksamkeit neuer Neurostimulationsverfahren zur Therapie auftretender Schluckstörungen wie die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) und die Elektrische Pharynxstimulation (PES) untersucht. Wir konnten zeigen, dass die Schluckstörungen grundsätzlich durch diese Stimulationsverfahren beeinflussbar sind. Beispielsweise bildeten sich in unseren Untersuchungen Schluckstörungen nach einem Schlaganfall schneller zurück, wenn man die tDCS einsetzte; ein Einsatz von PES erhöhte die Chance auf eine Dekanülierung bei einer Trachealkanüle.

Darüber hinaus haben wir in unserer Arbeitsgruppe eine Vielzahl spezifischer Untersuchungsprotokolle für die Fiberoptische Endoskopische Evaluation des Schluckaktes – kurz FEES – als diagnostisches Verfahren etabliert, welches für die Ursachendiagnostik und Therapiekontrolle von Dysphagien von großer Bedeutung ist.

Zunehmender Einsatz von Neurostimulation in der Praxis

Welche Bedeutung haben Ihre Ergebnisse für Menschen mit Behinderung?

PD. Dr. med. Sonja Suntrup-Krüger: Dysphagien sind von ganz hoher klinischer Relevanz, weil sie oft schwerwiegende Folgen wie Lungenentzündungen oder die Abhängigkeit von Sondenernährung haben. Lange Zeit waren Schluckstörungen aber wissenschaftlich und auch medizinisch nur ein Nischenthema. Das hat sich inzwischen geändert.

Insbesondere die Pharyngeale Elektrostimulation hat in mehreren Studien, darunter auch einigen von uns, einen positiven Effekt bei schwer betroffenen, vormals beatmeten Schlaganfallpatienten gezeigt. Sie wird nun zunehmend in der klinischen Praxis eingesetzt. Ein Meilenstein war, dass die Behandlung mittels  PES in die Leitlinienempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie aufgenommen wurde und dort zur Therapie der Dysphagie bei tracheotomierten Schlaganfallpatienten mit Großhirninfarkten empfohlen wird.

Noch fehlt allerdings die Regelfinanzierung der entsprechenden Geräte und Stimulationssonden durch die Krankenkassen. Denn erst dann kann die Therapie wirklich flächendeckend eingesetzt werden. Die Entwicklungen sind aber sehr ermutigend.

Forschung und Praxis verbinden

Wie ist es seit der Auszeichnung mit Ihnen und Ihrer Arbeit weitergegangen?

PD. Dr. med. Sonja Suntrup-Krüger: Ich bin der Dysphagieforschung treu geblieben und habe nun die Gesamtleitung der Arbeitsgruppe „Neurogene Dysphagie“ mit dem Schwerpunkt funktionelle Bildgebung und Neurostimulation am Universitätsklinikum Münster übernommen.

Im Juni 2021 ist mir zudem von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS) eine „Else Kröner Clinician Scientist Professur“ verliehen worden. Dadurch werde ich zukünftig 50 % meiner Arbeitszeit der Forschung widmen können und 50 % meiner Arbeitszeit klinisch tätig sein – und auf diese Weise beide Aspekte miteinander verbinden.

Vielen Dank für das Gespräch!