Ein fast normaler Kita-Alltag in Berlin-Tempelhof
Seit dem 22. Juni 2020 sind in Berlin alle Kitas wieder offen. Für viele Kinder und deren Eltern bedeutet das die Rückkehr zum Kita-Alltag – das erste Mal seit drei Monaten. Auch für die Erzieherinnen und Erzieher ist die Öffnung eine Herausforderung, schließlich müssen sich die Hygienekonzepte, die sie bereits während der Notbetreuungszeit für ihre Kita aufgestellt haben, nun bei vollem Betrieb bewähren.
Erzieherin Silja Korn über die „fast“ normalen Bedingungen nach Corona
Silja Korn ist eine dieser Erzieherin und blind. In einer Kita in Berlin Tempelhof ist sie auf Spracherziehung spezialisiert. Dort arbeitet sie in kleinen Gruppen mit einzelnen Kindern parallel zum Regelbetrieb in der Sprachförderung. Für unseren Blog gibt uns Silja Korn einen kleinen Überblick über ihren ersten Arbeitstag unter „fast“ normalen Bedingungen.
„Heute war es so, dass die Kinder sich wieder alle zusammentun konnten. Die Kleinen waren bei den Kleinen und die Großen bei den Großen. Das war für die Kinder erst komisch. Aber sie haben sich darauf gefreut, dass wir alle wieder beisammen sein und miteinander spielen können. Während der Notöffnung gab es Kinder, die gerne mit einem ihrer Freunde spielen wollten. Das ging dann nur aus der Ferne, um den Abstand einzuhalten. Der Kindergarten wurde auch in verschiedene Bereiche aufgeteilt, wo sich die Kinder natürlich nur dort aufhalten durften. Das fiel den ganz Kleinen, die zwei Jahre alt waren, natürlich schwer, einzuhalten. Wir mussten immer aufpassen, dass sie nicht so sehr in den falschen Bereich rein laufen und wenn sie rein laufen auch wieder rausholen. Das wurde so ganz strikt gehalten. Auch seit dem 22. Juni, wo wir wieder vollständig geöffnet haben, durften die vier bis Sechsjährigen am Vormittag nicht rausgehen, sondern nur die zwei bis Vierjährigen. Als die Kleinen zum Mittagessen rein gingen, durften die Großen raus, damit nicht eine Durchmischung entsteht. Ich weiß nicht, ob das weiterhin so gehalten wird. Wenn es noch heißer wird, dann wird es schwieriger, die größeren Kinder drinnen zu behalten, ohne dass sie sagen, mir ist zu heiß. Unsere Kita ist schon sehr alt, Jahrgang 1961, und hat auch keine Rollos. Da muss man gucken, wie das gehandhabt wird.
Die Kinder haben sich einerseits gefreut. Andererseits waren sie auch sehr aufgeregt, da alles für sie ganz neu war. Viele Kinder waren auch, seitdem die Kita Mitte März geschlossen hatte, nicht mehr da gewesen. Für sie war es der erste Tag und daher auch ziemlich komisch. Für uns war es auch komisch, weil es sonst auch ruhiger war. Die Gruppen waren vorher überschaubarer, nur fünf bis sieben Kinder. Das war entspannter. Ich arbeite sowieso immer in kleinen Gruppen, da ich ja Spracherzieherin bin. Ich habe 2016 noch die Spracherziehungsausbildung gemacht, um Kinder auch einzeln in der Sprache Deutsch zu fördern. Daher ist meine Arbeit ruhiger, sind die Kinder in den Gruppen ruhiger. Es war bei mir immer etwas entspannter, die Kinder waren relaxter. Jetzt sind sie ein wenig aufgewühlter. Das wird sich wahrscheinlich noch geben. Wenn sie ihre Freunde schon eine Weile wiedergesehen haben, dann werden sie auch wieder ruhiger werden. Jetzt, wo die Sommerferien beginnen, müssen wir mal sehen, wie viele Kinder dann überhaupt kommen werden.“
Das vollständige Interview zum Thema Kinderbetreuung in der Pandemie lesen Sie im Herbst in der nächsten Ausgabe des WIR-Magazins.
Über die Arbeit von Silja Korn als erste blinde Erzieherin in einem Berliner Kindergarten haben wir in einer älteren Ausgabe des WIR-Magazins eine Reportage geschrieben. Den Beitrag finden Sie hier: