Barrierefreiheit in Games: Raus aus der Nische
Computer- und Videospiele sind mittlerweile fester Bestandteil der Unterhaltungskultur. Mehrere Generationen sind mit Spielekonsolen und Computern aufgewachsen und können sich eine Welt ohne die bunten Pixel kaum vorstellen. Aber wie sieht es eigentlich 2021 mit der Barrierefreiheit in Games aus? Können Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen auch so einfach in die digitalen Welten abtauchen? Und wer sind Autoritäten auf dem Themengebiet?
Was Barrierefreiheit in Games aussieht
Menschen mit körperlichen oder kognitiven Einschränkungen haben unterschiedliche Anforderungen an Computerspiele. Daher ist es schwierig, von „der Barrierefreiheit“ zu sprechen. Barrierefreiheit reicht von kleinen Einstellungsmöglichkeiten in Spielen, über Modifikationen bis hin zu selbst kreierten und individuell gestalteten Eingabegeräten. Auf allen Gebieten gibt es mittlerweile zahlreiche Innovationen. Aber machen wir zunächst einen Schritt zurück und schauen uns grundlegende Funktionen von Spielen an, die bereits Barrieren abbauen. Das sind zum Beispiel:
- Unterschiedliche Schwierigkeitsgrade
- Anpassbare Steuerung
- Untertitelung aller Dialoge
- Modi für Farbenblindheit
Denn Barrierefreiheit in Games beginnt schon bei grundlegenden Dingen wie dem Schwierigkeitsgrad. Die meisten Spiele verlangen ein gewisses Maß an Geschick, Reaktionsfähigkeit und Fingerfertigkeit. Für Menschen mit körperlichen oder neurologischen Einschränkungen, aber auch Spielerinnen und Spieler im gehobenen Alter kann das schnell zur Hürde werden. Umso besser ist es also, wenn ein Spiel unterschiedliche Schwierigkeitsstufen zur Wahl anbietet und so für alle zugänglich wird. Auch Untertitel sind eine weit verbreitete Funktion, die bereits Barrieren abbaut, weil so vor allem auch Menschen mit Hörbehinderungen den Dialogen in einem Spiel folgen können, während sie allen anderen Spielern eine Hilfestellung bieten können – Win-Win!
Ebenso verhält es sich mit der anpassbaren Steuerung. Für viele Spielerinnen und Spieler sind die voreingestelten Tastenbelegungen und Tastenkombinationen oft nicht brauchbar. Je mehr Optionen ein Spiel in diesem Bereich bietet, desto besser können Spielerinnen und Spieler es genau auf ihre Bedürfnisse anpassen. Besonders hilfreich ist in diesem Fall auch, wenn die Spieleplattform offen ist und mit unterschidlichsten Controllern und anderen Eingabegeräten bespielt werden kann.
Barrierefreiheit in Games wurde lange vernachlässigt
Das Thema Barrierefreiheit ist gemessen am mittlerweile beachtlichen Alter der digitalen Spiele noch recht jung. Bei den großen Herstellern ist das Thema sogar erst in den letzten Jahren richtig angekommen. Als Atari, Nintendo und Co. langsam die Wohnzimmer eroberten, dachte, bis auf wenige Ausnahmen, noch keiner so recht an Barrierefreheit. Können Menschen mit kognitiven und körperlichen Einschränkungen an dieser Technologie teilhaben und wenn ja, wie? Diese Frage bekam erst viel später Auftrieb.
Zunächst waren es meistens Bastler, die sich dem Thema widmeten und hauseigene Lösungen kreierten. Dazu wurden in Garagen und Werkstätten getüfelt. Es ging darum, Konsolen, Computer und Eingabegeräte aufzuschrauben, zu modifizieren, umzubauen und gar eigene Controller herzustellen. Aber nicht nur auf Seiten der Hardware wurde getüftelt – auch seitens der Software und in den Spielen selbst wurde gewerkelt: Zusätzliche Programme, Modifikationen und Anpassungen wurden kurzerhand geschrieben.
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Erst Initiativen wie die AbleGamers Foundation und andere haben in den 00er Jahren angefangen das Thema durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in den Fokus zu rücken. Daneben unterstützten die großen und kleinen Vereine gezielt Spielerinnen und Spieler mit unterschiedlichen Behinderungen. Bereits entwickelte Technologien und Hilfsmittel wurden weiterentwickelt, optimiert und auf die individuellen Bedürfnisse der Gamerinnen und Gamer mit Behinderung angepasst. Parallel dazu etablierten sich die bereits genannten Featurens wie vollständige Untertitelung, Farbenblindheits-Modi oder frei konfigurierbare Steuerungen. Und durch Plattformen wie YouTube, Twitch und Co. wurden Spielerinnen und Spieler mit Behinderung auch immer sichtbarer.
Die Lage heute
Mittlerweile ist das Thema Barrierefreiheit in Games zwar präsent, die Förderer aber noch lange nicht am Ziel. Denn nach wie vor gibt es viele Plattformen und Spiele, die nicht uneingeschränkt von jedem und jeder genutzt werden können. Allerdings gibt es genau deshalb mittlerweile viele starke Stimmen, die sich für Barrierefreiheit und mehr Inklusion in Spielen einsetzen. Darunter sind Aktivistinnen und Aktivisten wie Melanie „Melly“ Eilert (Twitter: @melly_maeh) oder Dennis „Wheely“ Winkens (Twitter: @WheelyWorld), der sich hier bei mittendrin auch schon einmal unseren Drei Fragen gestellt hat.
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Aber auch immer mehr Organisationen treiben das Thema voran und bieten unterschiedliche Unterstützung für Menschen, die barrierefreie Lösungen in Spielen suchen. Dazu gehört zum Beispiel auch das Projekt „Gaming ohne Grenzen„. Das Projekt der Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW testet mit Betroffenen immer wieder Spiele und Technologien, um sie auf Barrierefreiheit zu untersuchen, und kann in vielen Themen Hilfestellung geben. Dafür wurde das Projekt mittlerweile bereits mit dem Deutschen Entwicklerpreis 2020 in der Kategorie ‚Soziales Engagement‘ und mit einer besonderen Anerkennung des „Dieter Baacke Preis 2021“ in der Kategorie “Inklusive und intersektionale Projekte” ausgezeichnet.
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Besonders gute Beispiele für den Fortschritt von Barrierefreiheit in Games
Zu guter letzt wollen wir euch einfach noch ein paar positive Beispiele für die Entwicklung von Barrierefreiheit in Games sowie besonders wichtige Meilensteine zeigen:
- Xbox Adaptive Controller: Einer der wichtigsten Meilensteine der jüngeren Geschichte ist die Veröffentlichung des Xbox Adaptive Controllers im Jahr 2018. Dieser von Microsoft entwickelte Controller ist beliebig erweiterbar und ermöglicht es, Individuallösungen mit gängigen Spieleplattformen kompatibel zu machen.
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- Fortnite: Das Spiel Fortnite ist nicht nur eines der erfolgreichtsen Computerspiele aller Zeiten, sondern auch ein Vorreiter in Sachen Inklusion. Das Spiel sorgte für großes Aufsehen und erntete viel Lob für die Option, Töne optional zu visualisieren. Das Feature half nicht nur gehörlosen Spielerinnen und Spielern, sondern stellte sich sogar als tolle Ergänzung für Hörende heraus!
- The Last of Us Part II: Ein weiterer Titel, der neue Maßstäbe gesetzt hat, war 2020 der zweite Teil von The Last of Us. Viel Lob von unterschiedlichsten Stellen gab es für die vielfältigen Anpassungsmöglichkeiten hinsichtlich Barrierefreiheit. Die Freudentränen des blinden Gamers Steven Saylor gingen in den sozialen Netzwerken sogar um die Welt.
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