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Anna Gräfin Henckel von Donnersmarck

Interview mit Anna Henckel-Donnersmarck

Unsere Wege mit Anna Gräfin Henckel von Donnersmarck kreuzten sich schon wäh­rend des Stiftungsjubiläums 2016. Dort war sie sehr an den Menschen interessiert, die in der Stiftung leben, arbeiten oder schon viele Jahre treue Wegbegleite­rinnen und Wegbegleiter sind. Für unser Titel­thema haben wir nun die Möglichkeit bekom­men, die Filmschaffende, ihre Arbeit und ihren Werdegang näher kennen zu lernen.

„Ich wollte schon immer etwas kreatives machen.“

Liebe Gräfin Henckel von Donnersmarck, können Sie sich und Ihren Werdegang nochmal den Lese­rinnen und Lesern des WIR Magazins vorstellen?

Anna Henckel-Donnersmarck: Sehr gerne. Ich arbeite als Kuratorin für Filmpro­gramme und bin Leiterin der Berlinale Shorts, dem Kurzfilmwettbewerb der Berlinale. Gleichzeitig bin ich freie Künstlerin und produziere Videoinstalla­tionen für Theater und Ausstellungen.

Am Anfang dieser beiden Berufe stand eine Ausbil­dung an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg, wo ich Animationsfilm sowie Doku­mentarfilmregie studierte. Schon während des Studiums habe ich gemerkt, dass ich für das Pro­duzieren für Film und Fernsehen nicht geeignet bin. Denn in diesen Bereichen muss man einen sehr lan­gen Atem haben und viele Menschen überzeugen können, bis die Finanzierung eines Projektes sicher gestellt ist und man endlich zu drehen beginnen kann. Dafür fehlt mir leider die Geduld. Ich möch­te schneller in die Umsetzung kommen und aktiv werden. Da mir die Arbeit mit dem bewegten Bild aber sehr viel Freude bereitet, bin ich sehr froh, dass ich meinen Platz im Theater, beim Tanz und bei der Oper finden konnte. Von dem Herstellen von Bühnenprojektionen kam ich dann dazu, Video­installationen für Ausstellungen zu realisieren.

Parallel dazu arbeite ich seit meinem Studium auf Kurzfilmfestivals, sei es als Mitglied der Auswahl­kommission oder als Moderatorin.

Haben Sie als Mitglied der Familie von Donners­marck auch eine Funktion in der Stiftung?

Anna Henckel-Donnersmarck: Nein, das habe ich nicht. Mein Vater ist Kuratori­umsvorsitzender der Stiftung. Ich habe im Jubilä­umsjahr 2016 viel Einblick in die Stiftung gewinnen können, durfte mit Herrn Golka, dem damaligen Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, eine „Kaffeetour“ durch alle Einrichtungen machen und gemeinsam mit Herrn Weinert, dem heutigen Leiter der Öffent­lichkeitsarbeit, eine Ausstellung zur Vergangenheit und Gegenwart der Stiftung realisieren. Ansonsten bin ich neugierige Beobachterin.

Filmemachen für Ausstellungen und Theater

Woher kommt denn Ihre Begeisterung für Filme?

Anna Henckel-Donnersmarck: Es ist eher eine Begeisterung für das Filmemachen. Ich wollte schon immer etwas Kreatives, etwas mit meinen Händen machen. Deswegen ist der Film für mich so spannend: Hier treffen viele verschiedene Künste und Techniken aufeinander; verschiede­ne Arten, sich mit der Realität auseinandersetzen kommen zusammen. Ich kam also eigentlich durch das Machen zum Film. Wir hatten zu Hause zwar einen Fernseher, aber es gab bei uns auf dem Land in Bayern kein Kino, d.h. den Film als Kunstform habe ich erst später entdeckt.

Gibt es denn einen Unterschied zwischen einem Film für das Museum oder das Theater und einem Fernseh- oder Kinofilm?

Anna Henckel-Donnersmarck: Ja, es gibt zwei große Unterschiede: der eine betrifft die Zeit und der anderen den Raum. In einer Ausstellung sieht man einen Film meistens als Loop, das heißt es gibt nicht diesen eindeutigen Anfang wie z.B. im Kino, wenn das Saallicht ausgeht, der Film beginnt und sich die Handlung nach und nach entfaltet. Die Leute kommen und gehen ja nach Belieben, steigen eher zufällig und dann auch noch an ganz unterschiedlichen Zeitpunkten in das Filmgeschehen ein und müssen sich schnell zurecht finden können. D. h. ich muss beim Schneiden dramaturgisch ganz anders arbeiten. Zweitens sind die Videoinstallationen oftmals auf mehrere Leinwände und Objekte verteilt, sodass ein multidimensionales Sehen und Hören stattfindet. Sowohl meine Herangehensweise beim Machen ist somit eine andere als auch die Art der Seherfahrung für das Publikum.

Die Berlinale in der Pandemie

Sie haben nun die dritte Berlinale in der Pandemie erlebt. Wie war das für Sie?

Anna Henckel-Donnersmarck: Wir hatten das Glück, dass es nur die zweite Pandemie-Berlinale war, denn vor drei Jahren war während des Festivals vom 20. Februar bis 1. März die Pandemie noch nicht ganz in Berlin angekommen. Wenn ich mich richtig erinnere, wurde am letzten Sonntag des Festivals der erste Covid-Fall in Berlin gemeldet. Wir sind also haarscharf an der Pandemie vorbeigeschrammt, waren aber darauf eingestellt, dass wir das Festival vielleicht komplett abbrechen müssen. Damals war aber auch noch wenig bekannt über Corona. Das Risiko, das von diesem Virus ausgeht, und die damit verbundene gesellschaftliche Tragweite ist vielen erst nach dem Festival bewusst geworden.

Letztes Jahr musste die Berlinale als physisches Festival im Februar abgesagt werden und wir haben stattdessen für das Berliner Publikum Open-Air-Vorführungen im Sommer veranstaltet. Wir hatten uns dazu entschieden, weil das Festival so sehr in der Stadt verankert ist, dass wir unserem treuen und wunderbaren Publikum zumindest eine reduzierte Variante anbieten wollten.

Der European Film Market hat hingegen online stattgefunden. Denn die Berlinale ist nicht nur ein Filmfestival, sondern auch ein wichtiger Industrieveranstaltung, die normalerweise im Martin-Gropius-Bau stattfindet. Für die internationale Filmbranche war es sehr wichtig, daß er, wie gewohnt, am Anfang des Jahres stattfindet und nicht auf einen späteren Zeitpunkt verlegt wird.

Und wie war es dieses Jahr?

Anna Henckel-Donnersmarck: Dieses Jahr war natürlich die große Frage, was wir machen und verantworten können. Wir haben uns letztendlich an den Entscheidungen des Berliner Senats orientiert: solange die Kinos offen sind, wird das Festival stattfinden. Es gab keine Ausnahme­regelungen für uns, wir haben uns an die zu dem Zeitpunkt gültigen Regeln gehalten und keinen Sonderstatus bekommen. Aus unserer Sicht war es auch unsere Pflicht, zu zeigen, dass man Kul­turveranstaltungen auch in Zeiten einer Pandemie durchführen kann. Unseres Wissens nach hat sich im Kino dann auch niemand angesteckt.

Anna Henckel Donnersmarck im Gespräch mit den WIR-Redakteuren

Höhepunkte in diesem Berlinale-Jahrgang

Gab es denn in diesem Jahr irgendein Ereignis auf der Berlinale, an das Sie sich am liebsten erinnern?

Anna Henckel-Donnersmarck: Ich selbst komme während des Festivals nicht dazu, ins Kino zu gehen. Selbst wenn ich Zeit hät­te, habe ich den Kopf nicht frei. Das macht dann keinen Spaß. Ich genieße es aber immer sehr, mich in das Gewusel und den Trubel am Potsdamer Platz fallen zu lassen: man trifft immer jemanden, den man kennt und der Zufall spielt einem die schöns­ten Begegnungen zu. Insofern war dieses Jahr schon sehr anders und ungewohnt.

Dennoch ist es immer wieder bezaubernd, wenn die Filmemacherinnen und Filmemacher kommen und ihre Filme zum ersten Mal auf der Leinwand und mit dem Publikum sehen. Wir haben wirklich ein ganz fantastisches Publikum, das sich auch vonschwierigen Themen und herausfordernden Ästhetiken nicht abschrecken lässt. Und wir haben ganz wunder­bare Spielstätten mit großen Sälen. Gerade nach dem Corona-Jahr war es ein Geschenk für die Künstlerinnen und Künstler, ihre Filme endlich auf der großen Leinwand erleben zu können. Und das Publikum war froh, wieder im Kino zu sitzen und den Filmen ihren Applaus schenken zu dürfen.

Festivals sind ja eine der ganzen wenigen Gele­genheiten, bei denen man sich bei den Filmemacherinnen und Filmemachern bedanken kann – sei es, indem man während des Filmes emotional mitgeht, beim Abspann laut klatscht, beim Publikumsgespräch seine Fragen oder Beobachtungen mitteilt oder sein Kompliment später im Foyer dem Filmteam direkt übermittelt. Dieser Pub­likumskontakt ist etwas, was den Filmemacherinnen und Filmemachern sehr wichtig ist und wovon sie auch noch lange nach dem Festival zehren.

Ein Moment ist mir besonders im Gedächtnis geblieben: Ein Filmemacher, dessen Film in einem Gewächshaus spielt, schrieb uns nach dem Festival, was für eine Wonne es gewesen sei, seine kleinen Tomaten mit drei Metern Durchmesser auf der großen Leinwand zu sehen.

Wie läuft denn die Rezeption der Filme bei der Berlinale ab?

Anna Henckel-Donnersmarck: Zunächst ist da natürlich der Applaus und die unmittelbaren Reaktionen während des Filmes. Dann machen fast alle Sektionen Publikumsgespräche nach dem Film. Da ein Programm der Berlinale Shorts aus mehreren Kurzfilmen besteht, findet bei uns nach jedem Film ein kurzes, moderiertes Gespräch auf der Bühne statt. Da wir hier einen engen Zeitplan haben, können wir diese Gespräche leider nicht für das Publikum öffnen.

Dafür haben wir jedoch ein extra Format mit dem Namen „Shorts take their time“ ins Leben gerufen. Da reservieren wir ein eher kleines Kino für drei Stunden und eröffnen dem Publikum nach jedem Film die Möglichkeit, so lange über ihn zu sprechen, bis wirklich alle Fragen beantwortet sind. Erst dann ist der nächste Film an der Reihe. Dieses Angebot wird vom Publikum sehr gerne und intensiv genutzt.

Außerdem empfehle ich den Filmemacherinnen und Filmemacher, nach ihrer Vorführung noch im Foyer zu bleiben, damit die Gäste sie dort auch persönlich ansprechen können.

Bei den Berlinale Shorts ist der Abstand zwischen den Aktiven und dem Publikum nicht so groß?

Anna Henckel-Donnersmarck: Ja, das kann man so sagen. Aber die Berlinale ist grundsätzlich ein sehr publikumsnahes Festival. Deswegen kommen die Filmteams auch gerne zu uns, weil sie diesen direkten Kontakt so schätzen und das Berliner Publikum als ein sehr offenes aber auch kritisches kennen. Eine gute Möglichkeit um in Kontakt zu kommen ist übrigens die „Berlinale Shorts“ Party. Das ist die einzige Sektionsparty, für die man keine Einladung braucht. Gegen einen kleinen Unkostenbeitrag kommt jeder rein und kann mitfeiern. Das ist wirklich nochmal eine Besonderheit bei den Shorts, die in diesem Jahr natürlich leider ausfallen musste. Aber es ist ein Insidertipp für das nächste Jahr!

Anna Henckel-Donnersmarcks Prozess der Themenfindung

Wie kommen Sie denn zu Ihren Themen?

Anna Henckel-Donnersmarck: Bei den Videoinstallationen kommen die Themen ja in der Regel zu mir, da es sich immer um Auftragsarbeiten handelt, für die ich speziell angefragt werde. Ich bin da ganz offen. Es macht mir Spaß, mich immer wieder auf neue Themen einzulassen und unbekanntes Terrain zu erkunden.

Und wie wählen Sie als Kuratorin aus?

Anna Henckel-Donnersmarck: Jedes Jahr werden zwischen 3.600 und 4.000 Kurzfilme von bis zu 30 Minuten Länge bei der Berlinale eingereicht, das heißt auch hier kommen die Filme und ihre Geschichten zu uns. Bei der Auswahl muss uns in erster Linie die Qualität der Filme überzeugen, nicht so sehr das gewählte Thema. Im Festival zeigen wir dann ungefähr 20 bis 25 Filme im Rahmen der Berlinale Shorts, die sowohl inhaltlich als auch formal sehr unterschiedlich sind.

Interessiert Sie mehr Fiktion oder Dokumentarisches?

Anna Henckel-Donnersmarck: Das kann man gar nicht so genau sagen. Da ich selbst Dokumentarfilm studierte, liegt mir das Genre natürlich schon sehr am Herzen. Auch meine Videoinstallationen sind in der Regel eher dokumentarisch.Aber ein richtig guter Spielfilm, in den man sich so reinfallen lassen kann, ist natürlich auch toll genauso wie mutige Experimentalfilme oder eigenwillige Animationsfilme. Ich habe also keine richtigen Präferenzen, aber schon eine große Aufmerksamkeit für das Dokumentarische.

Kontakte mit Menschen mit Behinderung

Durch Ihr Engagement für die Fürst Donnersmarck-Stiftung hatten Sie ja auch viel Kontakt mit Menschen mit Behinderung. Würden Sie sagen, dass diese Kon­takte sich auf Ihre Arbeit ausgewirkt haben?

Anna Henckel-Donnersmarck: In der Wahrnehmung auf alle Fälle. Ich achte beispiels­weise bei Ausstellungen viel bewusster auf Fragen der Barrierefreiheit: Auf welcher Höhe bringen wir Schilder an? Wie stark müssen Kontraste sein? Wie gut ist eine Rauminstallation mit einem Rollstuhl befahrbar? Diese Wahrnehmung hat mein Kontakt mit der Stiftung auf jeden Fall geschult.

Ich glaube, es ist gar nicht so schwer, barrierefrei oder aufmerksamer für die Belange von Menschen mit Behin­derung zu sein, wenn man eine Sensibilität für das The­ma entwickelt hat. Aber man braucht manchmal einen externen Anstoß, um sich mit der Thematik auseinan­derzusetzen.

Im Hinblick auf die Berlinale geht es ja um drei Aspekte: Wie inklusiv sind wir als Arbeitgeber? Wie inklusiv ist unser Programm? Und wie inklusiv sind unsere Spielorte und unser Publikum? Zu dem letzten Punkt können Sie mir wahrscheinlich viel mehr sagen.

Wir haben bisher immer sehr positive Erfahrung mit dem Ticketservice für Menschen mit Behinderungen gemacht. Das hat sehr gut funktioniert. Die Barrierefreiheit an den Spielstätten ist natürlich von den Räumlichkeiten abhängig. Aber der Einlass beispielsweise in den Berlinale Palast am Potsdamer Platz lief immer reibungslos. Zusätzlich gibt es ja beispielsweise auch Angebote für Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen. Das zeigt sich dann auch im Publikum, das ja ohnehin sehr divers ist, wie auch die Filme, die im Festival laufen. Das führt uns aber zur Frage, welche Rolle Menschen mit Behinderung generell im Film und der Berlinale spielen?

Anna Henckel-Donnersmarck: In unserem Team gibt es einige, die mit einer Behinde­rung leben, die aber nicht auf den ersten Blick sichtbar ist: z.B. hat eine Kollegin eine starke Seheinschränkung, eine Andere chronische Schmerzen.

Was die Filme angeht: Wir bekommen für die Berlinale Shorts nicht viele Filme über oder mit Menschen mit Behinderung eingereicht, haben aber ein spezielles Augenmerk auf diese Thematik. Denn es interessiert mich sehr, wie im Film mit dem Thema „Behinderung“ umge­gangen wird und wie Menschen mit Behinderung erzählt werden. Leider war bisher noch kein Film dabei, der es in den Kurzfilmwettbewerb der Berlinale geschafft hätte.

Menschen mit Behinderung in Film und Fernsehen

Im Fernsehen werden inzwischen aber zunehmend auch Filme beispielsweise mit Kleinwüchsigen oder Menschen im Rollstuhl gezeigt – in ganz „normalen“ Rollen. Nehmen Sie da auch eine Veränderung wahr?

Anna Henckel-Donnersmarck: Im Kinofilm kommen nur selten Menschen mit Behin­derung vor, da scheint mir das Fernsehen doch progres­siver. Die Fernsehredaktionen achten sicherlich bei der Stoffentwicklung und beim Casting inzwischen deutlich stärker auf Diversität und auch auf die Abbildung von Behinderung.

Wenn beispielsweise Auswahlkommissionen oder Redaktionen diverser besetzt sind, kommen automa­tisch auch andere Inhalte zur Sprache. Das merken wir in unserem WIR-Magazin sehr gut.

Anna Henckel-Donnersmarck: Bei der Arbeit am Set kommt natürlich noch die Frage dazu, an welchen Stellen Menschen mit Behinderung gut mitarbeiten können und wann dies nicht möglich ist. Beim Schreiben, der Stoffentwicklung, im Schnitt und so weiter können Menschen mit Behinderung sicher­lich ohne Probleme arbeiten. Aber ein Drehtag ist streng durchgetaktet und körperlich oft sehr anstrengend.

Das ist wahrscheinlich auch von der Art der Behinde­rung abhängig. Am Set ist es vermutlich wichtig, die Rahmenbedingungen gut planen zu können?

Anna Henckel-Donnersmarck: Ja, das stimmt. Aber ich habe bei meinen eigenen Projek­ten erfahren, dass man sich die Umstände entsprechend gestalten kann. Bei meinem aktuellen Projekt für die Kunsthalle Karlsruhe beispielsweise habe ich eine Mit­arbeiterin mit einem kleinen Kind, das noch viel Betreu­ung braucht. Also haben wir den Dreh und die Postpro­duktion so gestaltet und mit viel Puffer versehen, dass sie Beruf und Familie unter einen Hut kriegen kann. Man bekommt vieles organisiert, wenn man es nur will und weiß, wo man die Prioritäten setzt und worauf man Rück­sicht nehmen muss. Dann lassen sich alle Beteiligten auch gerne darauf ein.

Das betrifft natürlich auch die Menschen mit Behin­derung selbst. Als ich mit meiner Behinderung kon­frontiert war – ich war zu diesem Zeitpunkt Redak­teurin bei der Deutschen Welle Welle (gemeint ist Sabine Lutz, A. d. R.) – wollte mich mein damaliger Chef gerne behalten. Aber ich habe mir nicht zuge­traut, mit meiner Behinderung zu arbeiten und die Stelle aufgegeben.

Anna Henckel-Donnersmarck: Das ist ein interessanter Punkt. Ja, man muss die Hilfe natürlich auch annehmen, die man angeboten bekommt. Und die Verantwortlichen müssen die richtigen Rahmen­bedingungen schaffen und für eine gute Arbeitsatmo­sphäre sorgen, damit einem dies nicht so schwerfällt. Es gibt beispielsweise inzwischen einige Produktionsfirmen, die Babysitter in der Kalkulation ihrer Film-Förderan­träge auflisten. Das als Denkanstoß gedacht, denn solche Positio­nen sind eigentlich nicht vorgesehen. Aber je öfter man darauf hinweist, desto größer ist die Chance, dass man diese Gelder irgendwann mal ganz selbstverständlich bewilligt bekommt.

Und wenn sie das erste Mal bewilligt wurden, ist die Ablehnung beim zweiten Mal noch schwieriger?

Anna Henckel-Donnersmarck: Ganz genau. Man muss es halt ausprobieren. Ich selbst bin immer wieder verblüfft darüber, wie viele Türen sich dann doch relativ einfach öffnen lassen, wenn man sich einfach mal traut.

Liebe Gräfin Henckel von Donnersmarck, herzlichen Dank für das Gespräch!

Interview: Sabine Lutz, Michael Grothe